Hans Hinrich Taeger: Astro-Energetik

SCHÜTZE

©Astrodienst AG 2018

Mit dem reagiblen Zeichen Schütze wird der Herbst, die Phase der Reifung und Vervollkommnung, beendet. Nach der Harmonisierung des Denkens und Fühlens (Waage) und der Zerstörung archetypischer, seelischer Bildfixierungen (Skorpion) werden durch den Schützen sozial orientierte Leitbilder und konstruktive Lebensphilosophien entwickelt. Weltzugewandt und begeisterungsfähig, voll von Optimismus und einem tiefen Glauben an das Gute im Menschen erfüllt, bildet er einen Gegenpol zum nachfolgenden Ziegenfischzeichen. Regiert von einem kühlen, sachlichen und kritischen Verstand, sind die Maßstäbe des Ziegenfisches eher Vergänglichkeit, Tod und Wiedergeburt.

Im Schützen erscheint das Leben als ein Füllhorn unbegrenzter Möglichkeiten, ein Fest göttlicher Energien, ein nie versiegender Quell geistigen Wachstums, eine Manifestation höherer Ordnung und allumfassender Gerechtigkeit. Er entwickelt ein tiefes Vertrauen in den Sinn des kosmischen Plans und begreift sich dabei als Vertreter dieser höheren Prinzipien. Mit der Flamme der Begeisterung versucht er seine Mitmenschen zu motivieren und aufbauendes Denken, Vitalität, Lebensmut und Unternehmungsgeist zu vermitteln. Ähnlich wie die anderen beiden Feuerzeichen Löwe und Widder ist dabei sein Blick auf eine bessere und idealere Zukunft hin ausgerichtet. Er möchte alle geistigen Kapazitäten voll zur Entfaltung bringen und träumt von einem fernen Atlantis, einem Goldenen Zeitalter auf Erden. Den Schütze-Archetypen finden wir in den sonnigen und lichterfüllten Paradiesvorstellungen der Weltreligionen wieder (z. B. Christentum, Islam, Hinduismus, Amitabha-Kult, etc.).

Er hat einen bacchantischen oder dionysischen Charakter (Dionysos=Jupiter), d.h. eine stark sinnliche Komponente, in der Liebe, Erotik und Rausch eine dominierende Rolle spielen. Auch in der Mythologie haben die Kentauren, Symbolbilder der Schützen, Bezüge zu den Jupiter-Mysterien. Sie entstammen einer Verbindung der Wolkengöttin Nephele mit Jupiter-Zeus und leben in den Welten des Olymp. Als wilde und ungestüme Wesen sprechen sie gerne dem Rauschgetränk Nektar zu und sind von großer Leidenschaftlichkeit erfüllt. Der Kentaur ist ein Wesen mit dem Oberkörper eines Menschen und dem Unterkörper eines Pferdes. Ähnlich wie bei den oppositionellen Zwillingen besitzt der Schütze also eine Doppelnatur: einen animalischen, dunklen, triebhaften Anteil und einen zur Geistwerdung strebenden menschlichen oberen Part.

Der differenzierte Schütze-Typ (mit Sonne, Mond, Aszendent oder Jupiter im Schützen) entwickelt sein geistiges Potential aus der Transformation von sexuellen oder Libidoenergien in eine idealisierte Form von Bewusstseinserweiterung, d.h. sein spirituelles Engagement ist ein sublimierter Eros. Sowohl die Gurukulte mit ihrer unterschwelligen Erotik als auch die sexuellen Tabus und Einschränkungen der Religionen haben eine enge Beziehung zum Jupiter-Schütze-Bereich. So wie die Lotosblüte ihre Nährstoffe aus dem Schlamm zieht, können wir verallgemeinernd sagen, dass geistige Energie und Kreativität in der Tiefe der animalischen Triebspannungen wurzelt. Der starke Wunsch nach Durchgeistigung entspricht also der Sehnsucht des Menschen nach Befreiung von magischen oder instinktgebundenen Zwängen, von den Leidenschaften, die Leid erzeugen. In der Logik des Tierkreises spiegelt sich diese Thematik in der Aufeinanderfolge von Skorpion und Schütze wider, den mythologischen Analogien zu Himmel und Hölle, Hades und Olymp. Energetisch gesehen arbeiten beide Zeichen mit der gleichen Urkraft, die Kundalini, Libido oder Sexualität genannt werden kann. Wirkt diese im Skorpion eher destruktiv und selbstzerstörerisch (Ich-Tod), verwandelt sie sich durch den Schützen in eine konstruktive und das Ego überschreitende dynamische Energie.

Aus Zerstörung resultiert Aufbau, aus Tod folgt Leben, Dunkelheit bedingt das Licht. Bei der Berücksichtigung der Doppelnatur des Schützen ist es natürlich utopisch, davon auszugehen, dass alle schützebetonten Menschen sich für religiöse und philosophische Ideale ereifern würden oder von Geburt an zum Guru und spirituellen Führer auserwählt wären. Jeder zwölfte Mensch ein Weltenlehrer - was für eine bedrückende Vorstellung und was für ein weltanschauliches Chaos, wenn man bedenkt, wie viele widersprüchliche Heilsbotschaften die Welt schon in Krieg und Unterdrückung gebracht haben. Es gehört nämlich zum Wesen der Jupiter-Schütze-Schwingung, die jeweilige philosophische Erkenntnis als der »Weisheit letzten Schluss« und mit größter energetischer Überzeugungskraft in den Raum zu stellen. Sein sogenannter »heiliger Zorn«, psychologisch formuliert, seine Neigung zur Cholerik, kann einschüchternd, bluffend oder theatralisch wirken. Dieser wird häufig genug als Mittel zum Zweck, um eigene Fehler und Schwächen zu kaschieren, wirkungsvoll eingesetzt.

Der Jupiter-Schütze-Archetyp birgt in sich die Gefahren der Selbstherrlichkeit und Selbstüberzogenheit. Man ist versucht, selbst einmal die Rolle des Göttervaters Zeus zu übernehmen und dessen Privilegien dafür zu benutzen, egoistische Ziele zu verfolgen. Was die niedere Form der Zwillinge-Energie mit Redegewandtheit, Schlagfertigkeit und listiger Diplomatie erreichen kann, versucht der Schütze mit scheinbar engagierter, angsteinflößender geistiger Autorität. Beide Zeichen bergen die Gefahr in sich, durch einen vorgetäuschten Altruismus unedle Motive zu verbergen. Nicht zufällig ist Merkur ein Sohn Jupiters.

Der durchschnittliche Schützetyp lebt seine Doppelnatur darin aus, dass Phasen starker Sexualität, Erotik und Leidenschaft sich mit Perioden geistiger Aktivität und idealistischer Begeisterung ablösen oder sich miteinander mischen. Er empfindet hierin keinen Widerspruch. Probleme ergeben sich erst dann, wenn er sich sowohl religiösen Moralvorstellungen verbunden fühlt als auch sexuelle Unabhängigkeit und Freiheit anstrebt. Als Folge läuft er dann Gefahr, ein Doppelleben zu führen, und muss dann - ähnlich dem Zwilling - zu inneren und äußeren Kompromissen bereit sein, da ihm sein geistiger Stolz Heuchelei verbietet. Seine individuelle Lebensphilosophie muss es ihm ermöglichen, Bögen zu ziehen zwischen seinen Wünschen nach Freiheit, Unabhängigkeit und menschheitsbezogenen Idealvorstellungen auf der einen und seinen moralischen, ethischen und leidenschaftlichen Bindungstendenzen auf der anderen Seite.

Der indische Guru Bhagwan Shree Rajneesh (Sonne im Schützen) wurde durch den Versuch einer solchen Synthese weltberühmt. Das christliche Abendland empfand seine »neuartige«, wassermannaufbereitete Form des Schützearchetypen, freie Sexualität, überkonfessionelle Religiosität und Philosophie miteinander zu verbinden, als fremdartig. In anderen religionsphilosophischen Systemen jedoch, wie dem Hinduismus, Buddhismus und Taoismus, waren die Bereiche Sexualität und höchste philosophische Einsicht oder Erleuchtung durch die tantrische Praxis der Liebesmystik schon immer miteinander verbunden, nicht Widerspruch, sondern Bedingtheit. Weitere Charaktermerkmale des Schützen sind seine Offenherzigkeit, Großzügigkeit und Hilfsbereitschaft, die ihn als soziale Energieform auszeichnen. Häufig kann man auch eine starke Musikalität und Freude am Rhythmus und Tanz finden. Seine Neigung, Dinge zu dramatisieren, ihnen durch emotionale Aufladung Gewicht zu verleihen und sich mit ihnen identifizieren zu können, macht Schütze-betonte Menschen auch zu großartigen und differenzierten Schauspielern und Künstlern (vor allem bei Mond im Schützen).

Oft genug kommen wir an den Wahrheitsgehalt einer Sache weder mit Wissen noch mit analytischer Gründlichkeit oder passiver Einfühlsamkeit heran, sondern müssen unsere inneren Jupiter-Schütze-Energien aktivieren, um uns quasi hysterisch in sie hineinzusteigern, uns ganz mit ihr zu identifizieren. Kleine, aber oft entscheidende Dinge erhalten durch die emotionale Aufblähung und eine damit verbundene geistige Gewichtung höchste energetische Aussagekraft und werden durch jenen Prozess überhaupt erst verständlich. Dies kann einerseits zu Exaltiertheit und andererseits zur Entwicklung hoher Weisheit und Einsicht führen. Häufig genug treffen wir das eine in Gefolgschaft des anderen. Achtung! Wenn ein derartiges energetisches Gemisch durch einen Menschen spricht, befinden wir uns in einer Audienz des Zeus-Jupiter, der bunten und schillernden Welt des Jupiter-Schütze-Archetyps.

Schütze, Vertreter des Feuerelements

Luft- und Feuerelement befinden sich in unentwegter Wechselwirkung, was sich im Tierkreis darin manifestiert, dass sie sich diametral gegenüberliegen. Die Feuer-Luft-Achse bildet die Quelle der Dynamik, den kosmischen Antriebsmotor, die gedankliche und geistige Initialzündung, welche die Veränderung bestehender Zwänge bewirkt und somit keine Stagnation zulässt. Ihrem Wesen nach ist sie revolutionär und unberechenbar. Das Wasserelement mit seinen magisch-archetypischen Grundformen und Mustern sowie das zur Kristallisation, damit aber auch zur Verhärtung tendierende Erdelement erfahren durch die Feuer-Luft-Achse unentwegt neue, dem Zeitgeist entsprechende Interpretationen und Idealisierungen. Diese Achse sorgt dafür, dass das Sein in einer ständigen geistigen und gedanklichen Umschichtung bleibt. Ihre paradoxe Doppelnatur kann einerseits aggressive Expansion und Chaos hervorrufen, andererseits aber auch gedanklich gewichtete Ordnung durch Engagement und höhere Zielsetzung erzeugen. Einzig und allein das geschickte, positiv motivierte Umgehen mit diesen Energieformen ermöglicht geistiges Wachstum und Widerspruchsfreiheit, d.h. Harmonie.

Das Feuerelement bewirkt eine emotionale Gewichtung der gedanklichen Vielfalt des Luftelements. Gefühl (Wasser), Intellekt (Luft) und Vernunft (Erde) erfahren durch seine geistige Dimension eine energetische Durchdringung. Das Feuerelement gleicht einem Schmelztiegel, in dem seelische Impulse, Intuitionen und realistische Überlegungen Initialzündungen hervorrufen. Diese spontanen »Aha-Erlebnisse« führen anders als beim kühlen und unbeteiligten Luftelement zu personifizierten Reaktionen, subjektiven, geistig differenzierten Gewichtungen, die spontanes und engagiertes Handeln nach sich ziehen. Ähnlich wie das Luftelement ist das Feuerelement von dem Impuls getragen, Ideen zu verbreiten. Seine Gedanken gleichen jedoch eher einer Fackel, die enthusiastisch weitergegeben wird, aktivierend wirkt, geistig mobilisiert und neue Wege initiiert.

Obwohl das Feuerelement eine starke soziale Komponente in sich trägt, symbolisiert es gleichzeitig den Prozess der Individuation. Das Bestreben, eine Idee für sich in Anspruch zu nehmen, ist mit der Problematik des geistigen Stolzes und der Entwicklung von Überlegenheitsgefühlen verbunden.

Geistige Rivalität jedoch, die spirituelle Olympiade (Anmerkung: auch die antiken Olympischen Spiele waren dem Göttervater Jupiter-Zeus und somit dem Feuerelement geweiht) führt zu gesellschaftsverändernder Kreativität und symbolisiert im positiven Sinne das geistige Leistungsprinzip. Über den Umweg der Individualisierung besitzt das Feuerelement also erneut eine ausgeprägte kollektive Komponente. Von den drei Feuerzeichen Widder, Löwe und Schütze hat letzteres als sogenannte soziale oder reagible Energieform am intensivsten das Bestreben, der Menschheit als engagierter Ideenvertreter dienen zu wollen. Obwohl ausgeprägter Individualist, formt er sich sein Weltbild nach humanitären Gesichtspunkten. Der Schütze begegnet der Ideenvielfalt der Zwillinge mit einer umfassenden und vielschichtigen Zielstrebigkeit. Finden wir im Widder die leidenschaftliche Entflammung für eine Idee und im Löwen die souveräne Identifikation hiermit, so erlangt diese im Schützen ihre Reifung und soziale Verbreitung.

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Hans Hinrich Taeger:
Astro-Energetik

Hans Hinrich Taegers Buch "Astro-Energetik", erstmals erschienen im Jahr 1982, unternimmt den Versuch, die Bereiche altehrwürdiger Astrologie und des traditionellen buddhistischen Weltbildes unter der neuen Bezeichnung »spirituelle Astro-Energetik« zusammenzuführen.

Hans Hinrich Taeger starb im Jahr 2013, und seine Werke drohten in Vergessenheit zu verschwinden. Thomas Siegfried, sein langjähriger Lebensgefährte und Erbe, hat Astrodienst im Jahr 2017 die Rechte zur Online-Publikation von Taegers Bücher erteilt. Wir haben den Inhalt der zweiten Ausgabe nun für diese Online-Ausgabe aufbereitet und freuen uns, dieses aussergewöhnliche Buch hier der astrologischen Community zur Verfügung stellen zu können.