Archiv-Perlen

Dreiecks­beziehungen

Von Liz Greene - Teil 2

Erstmals publiziert in der Zeitschrift "Apollon", April 1999


Die Familien-Dreiecks­beziehung

Familien-Dreiecke enden nicht mit der Kindheit, sondern hallen ein Leben lang nach.

Familien-Dreiecke enden nicht mit der Kindheit, sondern hallen ein Leben lang nach. Wenn sie ungelöst bleiben, schleichen sie sich meist in unsere Beziehungen als Erwachsene ein. Ist die Dreiecks­beziehung in der Familie nicht geheilt, wiederholen wir sie sehr wahrscheinlich ein oder mehrere Male in unserem späteren Leben. In den unzugänglichen Tiefen unseres Bewusstseins hoffen wir vielleicht, auf diese Weise einen Weg zu finden, um sie zu heilen oder aufzulösen. Freud hat - in einem sehr speziellen Zusammenhang - die Idee des ödipalen Dreiecksverhältnisses entwickelt, auch bekannt als "Familienroman". Seiner Ansicht nach verlieben wir uns leidenschaftlich in den gegengeschlechtlichen Elternteil und begeben uns damit in eine Rivalität und einen Wettbewerb zu dem Elternteil des gleichen Geschlechts.

Familie Die Art wie wir mit dem ödipalen Dreiecksverhältnis in der Kindheit fertig werden - und das hängt sowohl von den Reaktionen der Eltern als auch von unserem eigenen Wesen ab - wirkt sich unweigerlich auch auf unsere Beziehungen im Erwachsenenalter aus. Wenn wir eindeutig "gewinnen" und die ungeteilte Liebe des gegengeschlechtlichen Elternteils bekommen, leiden wir, weil wir nie gelernt haben, zu teilen oder unsere Grenzen zu erkennen. Wir empfinden ein kindliches Machtgefühl, weil wir uns vormachen, dass wir den Gegner "geschlagen" haben. Wir sind allmächtig, und das kann zu einer späteren Unfähigkeit führen, mit Enttäuschungen in der Partnerschaft umzugehen. Die Beziehung zum eigenen Geschlecht ist vielleicht ebenfalls entsprechend gestört.

Wenn zum Beispiel ein Junge den Konflikt zwischen seiner Mutter und seinem Vater miterlebt und die ödipale Schlacht gewinnt, indem er zum "Ersatz-Ehemann" der Mutter wird, kann er eine tiefe unbewusste Schuld seinem Vater gegenüber empfinden. Oder er respektiert den Vater gar nicht mehr, weil er ihn ja scheinbar locker aus dem Weg geräumt hat. Das Vaterbild des Jungen wird dann zum schwachen, macht- und wehrlosen Zerrbild. Diese Vorstellung kann ihm tief im Inneren Angst machen, denn er selbst ist auch ein Mann. Der Junge muss seinen ödipalen Sieg immer wieder bestätigen, indem er in jedem männlichen Freund einen Rivalen sieht und sich deswegen nur mit Frauen abgibt.

Solche Männer suchen keine Freundschaft mit anderen Männern, sondern lassen sich ausschließlich mit den Frauen anderer Männer ein. Die enge Verbindung zur Mutter hat diesen Mann die Beziehung zu seinem Vater gekostet. Dadurch fehlt ihm ein positives inneres Männerbild, von dem er zehren kann, und er kann nicht darauf vertrauen, dass ihm von den Männern seines Umfeldes Unterstützung zuteil wird. Sein Selbstbewusstsein als Mann und seine sexuelle Identität müssen sich ausschließlich von der Liebe seiner Frauen nähren - je mehr desto besser. Das ist ein sehr unsicheres und schmerzhaftes Leben. Dieselbe Interpretation können wir natürlich ebenso auf eine Frau und ihren Vater anwenden.

Wenn wir die ödipale Schlacht vollkommen verlieren - und das entscheidende Wort ist vollkommen - leiden wir gleichermaßen. Die totale ödipale Niederlage stellt eine Demütigung dar, die das eigene Selbstvertrauen ernsthaft untergraben kann. Mit "total" meine ich, dass zum Beispiel ein Mädchen das Gefühl hat, keinerlei emotionalen Kontakt zu dem geliebten Vater herstellen zu können. Das führt zu einem tiefen Versagensgefühl. Es kann einfach nicht an den Vater herankommen, und der ist vielleicht auch unfähig, auf seine Tochter emotional einzugehen. Oder die Mutter steht immer dazwischen.

Ein solches Bewusstsein der gefühlsmäßigen Niederlage kann im späteren Leben ein nagendes Gefühl sexueller Unzulänglichkeit und Minderwertigkeit nach sich ziehen. Es kann zu vielen destruktiven Beziehungsmustern beitragen - nicht selten lässt die Frau sich auf ein Dreiecksverhältnis ein, in dem sie hoffnungslos in jemanden verliebt ist, der schon anderweitig gebunden ist. Sie kann zum unglücklichen Instrument des Verrats werden und für immer und ewig an die geschlossene Tür der Ehe des Geliebten klopfen. Oder sie wird zur Verratenen und wiederholt hilflos die ödipale Niederlage in der Rolle der festen Partnerin, die durch die größere Macht der mütterlichen Rivalin gedemütigt wird. Weder der ödipale Sieg noch die ödipale Niederlage erlauben es, uns psychologisch von dem geliebten Elternteil zu trennen. Ein Teil von uns wächst nie wirklich über die Kindheit hinaus. Wir verstricken uns in die immergleichen Beziehungsmuster und versuchen, das ursprüngliche Problem durch Dreiecksverhältnisse zu lösen.

Freud hielt eine Art "milde Niederlage" für die gesündeste Lösung des ödipalen Konflikts. Auf diese Weise bekommen wir genug Liebe vom geliebten Elternteil, müssen aber dennoch einsehen, dass die Beziehung zwischen den Eltern unumstößlich ist. So können wir lernen, Beziehungen zwischen anderen Menschen zu respektieren und unser Selbstvertrauen aufzubauen, indem wir Beziehungen jenseits des magischen elterlichen Schutzraumes eingehen. Dies ist der Bereich, den Winnicott "gut genug" nannte - eine Ehe der Eltern, die gut genug ist, ein Verhältnis zu beiden Elternteilen, das gut genug ist, und ausreichend viel Liebe und Zuneigung, um die ödipale Niederlage mit einem angemessenen Gefühl der Sicherheit innerhalb der Familie auszugleichen. Die Familiensituation ist gut genug, um dem Kind das Gefühl zu vermitteln, dass es geliebt wird.

Leider bestrafen viele Eltern ihre Kinder für den "Diebstahl" der Liebe des Partners, weil sie selbst emotional ausgehungert sind und dem Partner ihre unglückliche Beziehung nachtragen.

Es ist auch wichtig, dass wir uns nicht vor Bestrafung durch den elterlichen Rivalen fürchten müssen. Leider bestrafen viele Eltern ihre Kinder für den "Diebstahl" der Liebe des Partners, weil sie selbst emotional ausgehungert sind und dem Partner ihre unglückliche Beziehung nachtragen. Wir müssen erkennen, dass wir nicht einen Elternteil wegdrängen können, um den anderen ganz zu besitzen. Und wir müssen wissen, dass wir auch von dem Elternteil geliebt werden, den wir stürzen wollen. Das ist sicherlich ein Ideal, das nur wenige Familien erreichen können. Sehr viele Menschen leiden unterschiedlich stark an übermäßigem ödipalem Sieg oder übermäßiger ödipaler Niederlage. Wirklich wichtig ist das, was wir daraus machen und wie bewusst es uns ist. Und nichts kann einen solchen Bewusstwerdungsprozess so wirksam anstoßen wie eine Dreiecks­beziehung.

Freuds psychologisches Modell ist sehr wertvoll, und es scheint viele Situationen zu geben, in der die absolute ödipale Niederlage oder der absolute ödipale Sieg mit einer Tendenz einhergeht, im späteren Leben in Dreiecksverhältnisse verstrickt zu werden. Doch das Konzept des Familienromans hat ernstzunehmende Grenzen. Der Elternteil, mit dem wir uns verbinden wollen, muss nicht unbedingt dem anderen Geschlecht angehören. Er kann genau so gut gleichgeschlechtlich sein. Ödipale Gefühle sind letztlich nicht "sexuell" im Erwachsenensinn, sondern haben vielmehr mit emotionaler Verschmelzung zu tun. Dasselbe gilt übrigens auch für viele unserer scheinbar rein sexuellen Gefühle zwischen Erwachsenen. Sexualität hat viele Gefühlsschichten, die nicht immer bewusst sind.

Ödipale Niederlagen oder Siege gegenüber dem gleichgeschlechtlichen Elternteil können genauso schmerzlich widerhallen und zu späteren Dreiecks­beziehungen beitragen. Wir fühlen uns vielleicht von der eigenen Sexualität abgeschnitten, weil der geliebte Elternteil Vorbild für diese Sexualität war und die Verbindung zu schwach oder zu negativ, um das Vorbild auf positive Art zu integrieren. Ein Mann kann sein ganzes Leben lang versuchen die Liebe des Vaters zu gewinnen, indem er seine Männlichkeit unter Beweis stellt. Vielleicht kreiert er unbewusst Dreiecks­beziehungen, in denen es eigentlich nicht wirklich um die Frauen geht, mit denen er sich einlässt, sondern darum, andere Männer zu beeindrucken - oder sie für die Zurückweisung, die er durch den Vater erfahren hat, zu bestrafen.

Gleichermaßen kann eine Frau versuchen, die Liebe und Bewunderung ihrer Mutter zu gewinnen - oder andere Frauen zu bestrafen, weil die Mutter unfähig war, sie zu lieben. Der Rivale oder die Rivalin in einem Dreiecksverhältnis Erwachsener kann insgeheim viel wichtiger sein als das scheinbare Objekt der Sehnsucht. Wir müssen uns nur vor Augen führen, wie zwanghaft sich Verratene und Instrumente des Verrats miteinander beschäftigen, um zu erkennen, wie viel komplexer die psychologische Situation ist als sie auf den ersten Blick erscheint.

Hilfreiche ödipale Hinweise - Venus als Deutungsfaktor für die Beziehung zu den Eltern

Das Geburtshoroskop kann uns viel über unser Elternbild mitteilen und die Erfahrungen, die wir durch sie gemacht haben. Wenn wir ein Horoskop ansehen, finden wir wertvolle Hinweise auf Ödipales. Die Kennzeichen für die Elternbeziehung zeigen sich normalerweise sehr deutlich, und beziehen auch die eigenen emotionalen und sexuellen Bedürfnisse sowie das Selbstbild als Mann oder Frau mit ein. Vielleicht finden wir Planeten im zehnten oder vierten Haus. Das legt nahe, dass die Eltern Träger oder Vertreter von etwas Mythischem oder Archetypischem sind.

VenusStehen keine Planeten in den Elternhäusern, bedeutet das nicht, dass es keine Konflikte zwischen den Eltern gibt oder dass wir kein subjektives Bild auf sie projizieren. Doch es ist oft einfacher, die Eltern als eigenständige Menschen zu betrachten, so fehlbar sie auch sein mögen. Wenn Planeten diese Häuser besetzen, dann erscheinen die Planetengötter mit dem Gesicht des entsprechenden Elternteils. Ein Stück unseres eigenen Schicksals, unserer eigenen inneren Reise begegnet uns sehr früh in unserem Leben, verkleidet als Mutter oder Vater. Dieser Anteil hat sich über Generationen durch das Familienerbe fortgepflanzt. Das ist an sich nicht "schlecht" oder "negativ", doch es verleiht der Beziehung zu den Eltern etwas Mächtiges, Faszinierendes und teilweise auch Zwanghaftes, das ein höheres Maß an Bewusstsein und ein größeres Streben nach Integration verlangt.

Wiederholte Dreiecks­beziehungen im Erwachsenenalter haben oft etwas mit Planeten in den Elternhäusern zu tun. Häufig finden wir Venus im zehnten oder vierten Haus. Venus beschreibt das, was wir als schön und wertvoll erachten und daher auch was wir lieben - in uns selbst und anderen. Wenn ein Elternteil im Geburtshoroskop als Venus in Erscheinung tritt, nehmen wir diesen Elternteil als Symbol dessen wahr, was wir am schönsten, wertvollsten und erstrebenswertesten finden. Das ist eigentlich nicht schlecht. Doch es kann bedeuten, dass wir unsere eigene Schönheit und unseren Wert auf diesen Elternteil projizieren. Und viel hängt davon ab, wie der Vater oder die Mutter mit einer solchen Projektion umgeht. Wir sehen zutiefst liebens- und erstrebenswerte Eigenschaften in der Mutter und verlieben uns in sie, weil wir die Eigenschaften lieben.

Venus ist im Mythos nicht für ihre emotionale Großzügigkeit bekannt. Sie ist eine eitle Göttin und ist häufig in Dreiecks­beziehungen verwickelt.

Es ist zu hoffen, dass wir, je reifer wir werden, diese Dinge als zu uns selbst gehörig erkennen und integrieren. Dieser Prozess kann dazu beitragen, eine dauerhafte, liebende Verbindung zwischen Eltern und Kind zu schaffen, eine gegenseitige Wertschätzung des anderen aufgrund der gemeinsamen Eigenschaften. Leider sind nicht alle Eltern frei von Hintergedanken ihren Kindern gegenüber. Wenn sich ein Vater beispielsweise zu sehr nach Liebe und Bewunderung sehnt, arbeitet er wahrscheinlich unbewusst daran, diese Projektion aufrecht zu erhalten und für immer Venus in den Augen des Kindes zu verkörpern.

Venus ist im Mythos nicht für ihre emotionale Großzügigkeit bekannt. Sie ist eine eitle Göttin und ist häufig in Dreiecks­beziehungen verwickelt. Wenn wir unser Venusbild immer nur auf die Eltern projizieren, können wir es wahrscheinlich nie in uns selbst entdecken. Wir suchen immer wieder nach Ersatzeltern, in die wir alles hineinphantasieren, was im Leben wertvoll und erstrebenswert ist. Dann finden wir immer wieder venusische Liebesobjekte, die so viel mehr wert sind als wir selbst. Vielleicht versuchen wir auch, unsere Venus zurückzugewinnen, indem wir sie selbst spielen und unsere Liebhaber gegeneinander antreten lassen, um uns zu bestätigen, dass wir letztendlich doch einen Wert haben. Wo Venus ist, lieben wir.

Rivalität ist eine der charakteristischsten Eigenschaften der Venus, wenn sie im Haus des gleichgeschlechtlichen Elternteils steht. Mit einer solchen Konstellation fühlen wir uns oft wie Schneewittchen. Steht Venus im Horoskop einer Frau im zehnten Haus, kann das auf eine tiefgehende Rivalität zwischen Mutter und Tochter hinweisen. Die Tochter nimmt die Mutter als sehr eifersüchtig wahr, auch wenn die Eifersucht nur versteckt als ständige Kritik herauskommt oder durch unterschwelliges Untergraben des weiblichen Selbstbewusstseins der Tochter.

Leider ist die eifersüchtige oder rivalisierende Mutter häufig auch eine objektive Realität. Und doch steht die eigene Venus im zehnten Haus, und die Tochter muss sich früher oder später ihre eigene Eifersucht eingestehen. Wenn Venus den gleichgeschlechtlichen Elternteil repräsentiert, dann teilen Mutter und Tochter oder Vater und Sohn diese Venus-Eigenschaften. Das Bild der archetypischen Liebesgöttin, die immer die schönste und beliebteste von allen sein muss, hat sich dann über Generationen in der Familie fortgesetzt. Dieses Bild muss jedoch individuell ausgedrückt werden und nicht für immer zum Streit um das Geliebte verdammt sein. In diesem Fall ist das Liebesobjekt vielleicht gar nicht so wichtig, sondern es geht nur darum Rivalen zu besiegen. Rivalität und Neid sind sehr eng miteinander verwandt. Und wenn Venus den gleichgeschlechtlichen Elternteil symbolisiert, sehen wir in ihm vielleicht die schönen, beneidenswerten Eigenschaften, die wir selbst gerne hätten. Dann beginnen wir in Konkurrenz zu treten, um zu beweisen, dass auch wir Venus sind - eine größere, bessere und schönere Venus.

Auch die Eltern können sich auf sexueller Ebene bedroht fühlen, wenn ihr Kind vor ihren Augen zur sexuellen Reife heranwächst. Diese Bedrohung beruht wahrscheinlich auf einer gesteigerten sexuellen Sensibilität. Wenn Venus im Horoskop des Kindes den Vater oder die Mutter repräsentiert, spürt das unter Umständen nicht nur der Elternteil, sondern es macht sich als erotisches Gefühl zwischen Erwachsenem und Kind bemerkbar. Die Erkenntnis, dass Eltern und Kind vielleicht erotische Gefühle teilen, ist absolut keine Rechtfertigung für Kindesmissbrauch, doch sie bedeutet auch nicht, dass es sich um eine "abnorme" Beziehung handelt. Kinder können auf ihre kindliche Art sehr verführerisch sein. Sie probieren ihre Sexualität aus. Sie wollen und erwarten keine sexuelle Reaktion des Erwachsenen, doch sie müssen ihre eigene körperliche und emotionale Identität entdecken, indem sie sie den Eltern gegenüber ausdrücken. Das gehört zum Familienleben. Es ist nicht krankhaft, sondern menschlich und gesund.

Die erotische Energie, die Teil des Entwicklungsprozesses in der Kindheit darstellt, wird in der Familie freigesetzt, denn dies ist der angemessene Ort dafür. Es ist natürlich und angemessen, dass Eltern darauf positiv reagieren - nicht angemessen ist es dagegen, diese Energie destruktiv auszuleben und auszunutzen. Einige Kinder strahlen sicher mehr erotische Energie aus als andere; das könnte mit der Stellung von Venus und Mars im Horoskop des Kindes zusammenhängen. Ebenso sind vielleicht manche Eltern empfänglicher für diese Energie als andere, und die Synastrie zwischen Eltern und Kind kann helfen herauszufinden warum das so sein könnte.

Um diesen natürlichen Prozess aushalten und unterstützen zu können, ohne sich in eine Dreiecks­beziehung zu verstricken, müssen die Eltern eine einigermaßen stabile Beziehung führen und sich dieser Entwicklungsphase des Kindes bewusst sein. Ein kleines Mädchen mit Venus im vierten Haus kann schon mal versuchen, sich zwischen die Eltern zu drängen, weil der Vater der "Geliebte" ist, mit dem es schöne und angenehme Gefühle teilt. Und wenn die Partnerschaft der Eltern nicht stabil ist und die Mutter unbewusst feindselig reagiert - überrascht uns dann das Verhalten der Tochter?

Gespaltene Loyalität

Selbst in den glücklichsten und emotional stabilsten Familien kann ein Kind tiefe Zuneigung und gleichzeitig enorme Rivalität gegenüber einem Elternteil empfinden.

Selbst in den glücklichsten und emotional stabilsten Familien kann ein Kind tiefe Zuneigung und gleichzeitig enorme Rivalität gegenüber einem Elternteil empfinden. Dies könnte zum Beispiel mit Venus im vierten und Mond im zehnten Haus zum Ausdruck kommen - wie bei Prinz Charles, der uns eine der bekannteren Dreiecksgeschichten unserer Zeit geboten hat. Mit solchen Konstellationen identifiziert man sich häufig sehr stark mit dem Rivalen. Das Kind gerät vielleicht in eine Situation, in der es zum Verräter und zum Instrument des Verrates wird. Das trägt nicht unbedingt dazu bei, dass es sehr viel von sich hält und dann ist es wahrscheinlich, dass es etwas unterdrückt.

HerzDem jungen Ego fällt es schwer mit einer solchen Zwiespältigkeit umzugehen. Wenn bei einem Jungen Venus im vierten Haus steht, was auf eine starke Liebe zum Vater hinweist, muss er die Mutter verletzen und verraten. Und wenn der Mond in zehn steht - wie kann er das einem Menschen antun, mit dessen Gefühlen er sich so sehr identifiziert? Dann unterdrückt er vielleicht Venus und verwickelt sich später in eine Dreiecks­beziehung ohne das Kindheitsmuster zu verstehen, das sie nährt. Oder der Sohn unterdrückt die Gefühle für die Mutter und wird zum "Ehebrecher", wie es hieß als es noch Ehen gab. Psychologisch gesehen ist ein "Ehebrecher" jemand, der in eine bestehende Beziehung eindringt - und zwar nicht nur aus echter Zuneigung und Sehnsucht für sein Liebesobjekt, sondern aus einem fast zwanghaften Bedürfnis heraus, die Rolle des Rivalen anzunehmen, mit dem er sich heimlich identifiziert.

Es ist extrem schwierig, ein solches Muster in sich selbst zu erkennen und zu akzeptieren. Wenn wir zum Instrument des Verrates werden, denken wir gerne, dass wir uns wirklich in jemanden verliebt haben. Die Tatsache, dass diese Person schon in einer festen Beziehung lebt, ist dann einfach Pech. Der- oder diejenige hat einen Fehler gemacht und eben die falsche Person geheiratet oder ist die Bindung gegen den eigenen Willen eingegangen, weil ein Kind unterwegs war. Welche Rationalisierungen auch immer im Spiel sind, wir rechtfertigen unsere Rolle als Instrument des Verrates, indem wir die Bedeutung der bestehenden Beziehung entwerten. Das kann sich manchmal als sehr naiv entpuppen und zu großer Enttäuschung führen, wenn sich herausstellt, dass der "ungeliebte" Ehepartner doch mehr bedeutet, als man es sich jemals eingestanden hat. Vielleicht entdeckt ein solchermaßen gespaltener Liebhaber auch zum eigenen Schrecken, dass er sich langsam genauso verhält wie der verachtete Rivale, den er anfänglich in die Schublade "er bleibt ja bloß wegen der Kinder bei ihr" gesteckt hat. Wenn Elternthemen nicht gelöst werden, kann der Drang ein Paar auseinander zu bringen extrem stark sein - besonders wenn der Rivale ein guter Freund ist. Das macht es einfacher, die Gefühle der früheren Familiendreiecksbeziehung wieder aufleben zu lassen.

Vielleicht sehen wir auch Dinge in dem geliebten Elternteil, die nicht so nett sind. Beispielsweise könnte ein Mann mit Venus im zehnten Haus auch noch ein Mond-Pluto Quadrat oder eine Mond-Saturn Opposition haben oder Venus konjunkt Saturn oder Chiron. In solchen Kombinationen werden zwei völlig unterschiedliche Mutterbilder ausgedrückt. Das eine ist geliebt und schön, das andere bedrohlich oder verletzend. Diese Gegenpole manifestieren sich oft im späteren Leben als zwei verschiedene Menschen - Verratene und Instrument des Verrates. Jung nannte dieses Phänomen "gespaltene Anima" oder "gespaltenen Animus" im Fall einer Frau. Jung hat sich sehr intensiv mit diesen Mustern befasst, denn er litt selbst darunter.

Obwohl seine Definitionen etwas starr sind und flexibler interpretiert werden müssen, können sie uns dabei helfen zu verstehen, warum wir Dreiecksverhältnisse brauchen, und warum die drei Punkte insgeheim austauschbar sind. Alle drei Beteiligten leiden wahrscheinlich an den gleichen, ungelösten Elternbeziehungen. Die innere Spaltung scheint besonders stark und förderlich für Dreiecksverhältnisse zu sein, wenn unvereinbare Gegensätze in dem einen geliebten Elternteil zu Tage treten. Es gibt Mütter und Väter, in denen die Gegensätze nicht so schrecklich gegensätzlich sind, doch es gibt auch welche, bei denen sie sich sehr extrem bemerkbar machen. Solche Eltern sind faszinierend und verfügen aufgrund ihrer Undurchdringlichkeit oft über eine starke sexuelle Ausstrahlung. So kann die Mutter beispielsweise wunderschön und innig geliebt, jedoch auch verletzend, brutal, gefühllos, verschlingend oder sonst irgendwie schwer verdaulich sein. Es fällt der menschlichen Psyche sehr schwer, extreme Gegensätze in einer Person zu akzeptieren. Daher brauchen wir meist zwei Menschen, durch die wir die zwiespältigen Gefühle erfahren können. Einer bekommt dann die Rolle der Venus und der oder die andere wird zu Pluto, Saturn, Chiron, Mars oder Uranus.

Elternbilder, die extreme Gegensätze vermitteln, können zu einer Neigung zu Dreiecks­beziehungen im Erwachsenenleben beitragen. Wir lassen uns auf jemanden ein und mit der Zeit beginnt diese Person das Bild einer Seite der Mutter oder des Vaters anzunehmen. Nach ein paar Jahren des Zusammenlebens sagen wir dann: "Meine Partnerin ist so besitzergreifend, ich brauche einfach mehr Luft zum Atmen." Und da sitzt Venus im zehnten Haus mit einem Quadrat zu Pluto.

Oder wir sagen - mit Venus in zehn und einer Mond-Saturn Opposition: "Mein Partner ist so einengend und spießig, ich brauche mehr Freiheit, um mich selbst zu sein." Wir haben das Gefühl, dass wir nicht die schöne, erotische, unterhaltsame Beziehung bekommen haben, die wir uns von dieser Partnerschaft erhofft hatten. Damit rechtfertigen wir unsere Liebschaft, die die Rolle der Venus annimmt. Die Spaltung wird durch zwei verschiedene Menschen ausgelebt. In Wirklichkeit jedoch spiegeln sich darin die zwei gegensätzlichen Eigenschaften, mit denen wir in unserer Beziehung zum Vater oder zur Mutter nicht zurecht gekommen sind.

Natürlich haben solche Spaltungen, die mit den Eltern in Verbindung stehen, auf tiefster Ebene mit gegensätzlichen Eigenschaften in uns selbst zu tun, die wir nicht aufgelöst haben. Bei allen Dreiecksgeschichten, auch denjenigen, die aus unseren Familienstrukturen hervorgehen, geht es um unser eigenes ungelebtes Seelenleben. Wenn wir fähig wären, unsere eigenen Gegensätze zu versöhnen, könnten wir auch unseren Eltern zugestehen, widersprüchlich zu sein. Es ist nichts Außergewöhnliches, dass ein Elternteil sowohl eine charmante, liebenswürdige Venus-Seite hat als auch eine zurückgezogene saturnische Seite oder eine fordernde plutonische Seite. Menschen sind vielschichtig und sie können uns lieben und gleichzeitig verletzen. Doch es ist möglich, dass wir die Widersprüchlichkeit unserer Eltern nicht akzeptieren, weil sie selbst nicht mit ihr umgehen können. Dann lernen wir auch nicht von ihnen, unsere Widersprüche zu integrieren. Und manche sind astrologisch gesehen einfach zu schwierig, als dass wir früh im Leben damit fertig werden könnten. Damit meine ich vor allem Konstellationen, in denen Venus oder der Mond Aspekte zu Saturn oder Chiron bilden - diese benötigen eine Weisheit, die wir nur mit der Zeit und größerer Lebenserfahrung erwerben. Auch Aspekte zu den äußeren Planeten kann ein Kind unmöglich auf persönlicher Ebene integrieren.


Autorin: Liz Greene

Liz Greene ist Doktor der Psychologie, Astrologin und Autorin der meisten Horoskopdeutungen von Astrodienst. Sie ist in Fachkreisen ausserordentlich angesehen und gilt als eine der wichtigsten Figuren der modernen Astrologie.

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Horoskope von Liz Greene


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14-Dic-2025, 05:04 TU/GMT
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