Adventskalender 2023
Jungfrau
10. Dezember
Die jungfräulichen Göttinnen des Mythos waren keine Jungfrauen im sexuellen Sinne. Vielmehr wurden sie oft als sinnlich und ausschweifend dargestellt. Das lateinische Wort virgo bedeutet "unverheiratet" oder "selbstbeherrscht" und steht nicht für sexuelle Reinheit, sondern für eine Selbstgenügsamkeit, die diese Gottheiten dazu brachte, die Rolle der Ehefrau zu meiden. Als Herrin über sich selbst gehörte die jungfräuliche Göttin niemandem und handelte daher ausschließlich nach ihrem eigenen Willen und nicht als Sprachrohr oder Gefährtin einer männlichen Gottheit.
Die Göttin Astraea, deren Symbolik von Königin Elisabeth I. während ihrer langen Regentschaft als "kosmische" Propaganda genutzt wurde, war den Griechen und Römern als Schutzherrin der Gerechtigkeit und des Naturrechts bekannt und wachte über die geordneten Zyklen der Natur. Beleidigt durch die Grausamkeit und Grobheit der Menschen, verließ sie die Erde und zog sich in den Himmel zurück.
Frühere "jungfräuliche" Göttinnen, wie die syrisch-phönizische Atargatis, waren nicht so kultiviert. Sie standen orgiastischen Riten vor, verteilten ihre Gunst durch Tempelprostituierte und verkörperten die fruchtbare Hingabe an die Natur. Doch auch sie waren Jungfrauen und gaben sich jenen Männern oder Göttern hin, die ihnen gefielen, und nicht jenen, denen sie eheliche Pflichten schuldeten.
Die jungfräuliche Naturgöttin ist ein uraltes Symbol für die unantastbare Integrität der Erde selbst. Trotz unserer endlosen Vergewaltigung und Verschwendung ihrer natürlichen Ressourcen bewahrt die Erde ihr Geheimnis, ihre Kraft und ihre Fähigkeit zur Selbsterneuerung.
Über Liz Greene
Liz Greene wird von professionellen Astrologen geschätzt und verehrt wie sonst kaum eine Kapazität unter ihresgleichen. Mit ihren unzähligen Büchern und Publikationen hat sie die moderne psychologische Astrologie in weiten Teilen geprägt. Sie ist die Autorin vieler hervorragenden Astrodienst Horoskopdeutungen.