Hans Hinrich Taeger: Astro-Energetik

 Chiron - Der kreative Filmriss

©Astrodienst AG 2018

Eigenbeobachtungen zur Chiron-Wirkung

Der Kleinplanet Chiron wurde am 1. 11. 1977 von dem amerikanischen Astronomen Charles T. Kowal entdeckt. Er beschreibt eine äußerst exzentrische Umlaufbahn, die sich zwischen den Riesenplaneten Saturn und Uranus befindet. Wie alle Kleinplaneten hat er eine unregelmäßige Gestalt. Sein ungefährer Durchmesser wird auf 150-700 Kilometer geschätzt. Die Sonnenumlaufzeit beträgt 50.7 Jahre, wobei er die einzelnen Tierkreiszeichen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit durchwandert (so hält er sich z.B. nur 2 Jahre in der Waage und 8 Jahre im Widder auf). Verschiedene Astronomen vermuten, dass es sich bei Chiron um einen von unserem Sonnensystem eingefangenen Kometen handelt, der irgendwann wieder unser System verlassen wird. Z. Zt. (1988) hält er sich in den ersten Graden des Tierkreiszeichens Krebs auf (Vergleichswert 1977: Anfang Stier).

Es ist seit seiner Entdeckung viel über ihn geforscht worden (besonders in den Vereinigten Staaten), wobei vor allem der amerikanische Astrologe Zane B. Stein wichtige Pionierarbeit geleistet hat. Er gab ihm das Schlüsselwort »Maverick« (Einzelgänger), das Chirons Wesen jedoch nur ausschnitthaft umschreibt. Um erste Anhaltspunkte für die Deutung zu finden, begann man mythologische Analogien heranzuziehen, wie dies bei den neueren Planeten Vesta, Neptun und Pluto noch erfolgreich möglich war (Chiron ist in der Mythe ein heilkundiger Kentaur). Doch zum ersten Mal scheint das Zufallsprinzip einer adäquaten Namensgebung m. E. nicht völlig funktioniert zu haben, was bei einem Einzelgänger und Sonderling wie Chiron auch naheliegt. Jedenfalls konnte ich bislang in meinen eigenen Forschungen einiger tausend Horoskopbeispiele keine zwingenden Zusammenhänge zwischen Chiron und Heilkunde oder heilkundlicher Begabung finden, auch wenn Autoren wie Barbara Hand Clow und selbst Stein dies hartnäckig behaupten. (Im weiteren Sinne lässt sich natürlich jede planetare Energie als heilkräftig interpretieren.)

So stand ich also vor einem völlig unbeschriebenen Blatt und der aufregenden Gelegenheit, diesen planetaren Exzentriker mittels seiner Transitwirkungen auf mich selbst und eine kleine Gruppe von Mitarbeitern empirisch zu erforschen (vorausgesetzt, dass er überhaupt eine spürbare Wirkung hätte). Meine anfängliche Ambivalenz änderte sich recht schnell, als ich während eines Indien-Aufenthalts meine ersten und bislang gravierendsten Erfahrungen machte. Sozusagen Chiron mit der Holzhammermethode. Eigentlich wollte ich dort tiefere Meditationsbelehrungen bekommen, doch irgendwie fehlte mir der richtige Schwung und Elan, die richtige Motivation. Ich fühlte mich depressiv, setzte mich von der Gruppe, mit der ich zusammen losgereist war, ab (Chiron als Einzelgänger) und stellte auch rein räumlich eine Distanz her. Das ganze Beziehungsgeflecht, in dem ich mich damals befand, war mir fremd geworden - ich selbst war mir fremd geworden und befand mich in einem desolaten Zustand der Desorientiertheit und völlig fehl am Platze, ohne jedoch irgendeine Alternative vor Augen zu haben. Das kleine Dorf, die geschäftigen Menschen, ja selbst das mir vertraute tibetische Fluidum, das mich normalerweise gefesselt, heiter und gelöst gestimmt hatte, erschien mir unwirklich, hohl, leer und kulissenhaft. Allem fehlte Seele und Herz, und ich empfand mich innerlich als ebenso leer, entmenschlicht und aufs tiefste meinem Selbst entwurzelt. Nichts hatte mehr richtig mit mir selbst als Person zu tun. Ich funktionierte nur noch wie ein sinnentleerter Mechanismus.

Wie ich später herausfand, alles typische Vorankündigungen von Chiron-Transiten. Ich muss vielleicht noch vorwegschicken, dass ich die Jahre zuvor allein gelebt, mich aber so darein gefügt hatte, dass ich (zumindest bewusstseinsmäßig) keinerlei Wünsche nach festen partnerschaftlichen Zweierbeziehungen mehr spürte. All dies war weit weg von mir. Doch dann kam das absolut Unerwartete. Ein Mann setzte sich zu mir an den Tisch, und ich begrüßte ihn mit der Frage, ob er wohl Zwillinge sei, was er erstaunt bejahte. Wir kamen ins Gespräch und begannen in völliger Urvertrautheit mehr oder weniger sofort über gemeinsame Auswanderungspläne zu diskutieren. Innerhalb weniger Stunden stand für uns fest, dass wir a) nicht nur zusammenziehen, sondern b) auch gemeinsam Deutschland verlassen wollten, und dies mit einer Natürlichkeit und Selbstverständlichkeit, als hätten wir dies bereits seit Jahrtausenden geplant. Dies geschah 5 Tage vor der exakten Opposition des laufenden Chiron zur Venus meines Geburtsbildes am 11. 4. 1982 zwischen 22 und 24 Uhr. Mein Partner reiste zwei Tage später weiter. Wie wir später herausfanden, befand er sich zu diesem Zeitpunkt im Feldermarathon in exakter Konjunktion mit seinem Radix-Chiron.

Mir kam alles wie ein unwahrscheinlicher Traum vor. Ich lief wie ein Roboter oder eine Marionette durch die Gegend, und dann passierte es: Am 16. und 17. April, den Tagen des exakten Chiron-Venus-Transits, fiel ich völlig unvorbereitet und in recht unpassenden Situationen in tiefe Ohnmachten. Das eine Mal in einem Teehaus, aus dem mich meine Freunde mit einiger Anstrengung heraustragen mussten, und gleich 15 Stunden später nochmals während eines Einkaufsbummels durch das Dorf. Da ich noch niemals vorher in meinem Leben in Ohnmacht gefallen war, dachte ich natürlich, dass dies nun der Tod sei. Beide Ohnmachten, die ich später noch zweimal erlebte (im Sommer und Spätherbst 1985 bei Chirons exakter Transit-Konjunktion auf meinen Radix-Uranus im 8. Feld), liefen ähnlich ab: Zuerst ein Gefühl absoluter Wirklichkeits- und Selbstentfremdung, dann beginnt sich der Realitätsfilm in kleinen, aber kontinuierlichen Schritten einzuschwärzen, bis immer weniger übrigbleibt (bei Chiron auf Uranus begann sich die Wirklichkeit langsam in weißes Licht aufzulösen), auch die Außengeräusche sterben allmählich ab. Es ist wie ein im Zeitlupentempo ablaufender Filmriss auf einer Kinoleinwand. Schließlich gibt auch der Körper nach, und man fällt unkontrolliert zu Boden. Ein winziger Bewusstseinsrest versucht sich noch gegen die bedrohliche schwarze Leere zu wehren, bis auch dieser nachgibt.

Im buddhistischen Sinne eigentlich ein erstrebenswerter Zustand, doch wenn er so unvorbereitet über einen hereinfällt, spielen doch die Ängste eine große Rolle. In diesem Nichts-Zustand, der nur gelegentlich von einigen weißen oder roten Funken erhellt wird, spürt man vage, dass die gesamte Gehirnelektrizität einer Art Kurzschluss ausgesetzt ist. Nach etwa einer halben Stunde ein vorsichtiges Erwachen. Zuerst kommen die Töne wieder, dann baut sich wie in einer langsamen magischen Projektion der Wirklichkeitsfilm Quadratmeter für Quadratmeter puzzlehaftig wieder auf, und man beginnt zu spüren, wie sich in Kopf und Körper unendlich viel energetisch verändert hat. Es ist, als wäre innen drin mehrmals alles umgepolt. Alte Energiebahnen, Probleme und neurotische Verknotungen haben ihre quälende Spannung verloren, Gedankenketten sind miteinander in Verbindung getreten, die vorher unvereinbar waren. Es ist, als wären gewaltige tektonische Erdverschiebungen passiert. Veraltete, festgefahrene und verkrustete Gewohnheitskonzepte, die sich innerlich eingeschliffen hatten, scheinen sich durch die Gewalt-Tortur aufgelöst zu haben.

Es hat eine Art Gehirnwäsche stattgefunden, die über normale Bewusstseinsarbeit nicht in dieser Radikalität passiert wäre. Die äußere Welt kommt einem winzig klein, fern und unbedeutend vor. Alte Wichtigkeiten verkehren sich in ein lächerliches Nichts. Es ist, als erwachte man aus einem Traum in einen Traum, wobei man mit beiden eigentlich nichts zu tun hat - als befände man sich in einem Körper, der einem gar nicht gehört, in einer geträumten Welt, die einem fremder erscheint als die entfernteste Galaxie. Dabei entbehrt das Ganze nicht einer gewissen Komik. Man entdeckt plötzlich seine Beine wieder und versucht sich daran zu erinnern, wie man damit wohl geht. Man spricht mechanisch (ein ziemliches Wirrwarr), um irgendeinen Kontakt zu dieser gerade wieder neu entstehenden Welt herzustellen, und wundert sich über die besorgten Gesichter, die sich über einen beugen. Noch Tage danach muss man sich erheblich konzentrieren, um herauszufinden, wie ganz gewöhnliche Alltagsdinge funktionieren. Doch unabhängig von diesen Nebeneffekten ist es wirklich eine gewandelte Welt, in die man jetzt erwacht.

Ohne es schon konkretisieren zu können, spürt man deutlich, dass eine irreversible Bewusstseinsänderung, eine positive Bewusstseinsverschiebung stattgefunden hat. Ob man dies nun möchte oder nicht: man ist ein anderer geworden. Altes ist gestorben, etwas Neuartiges hat sich geformt. Langwierige und festgefahrene innere Entscheidungsprozesse sind durch einen Zeitsprung abgekürzt worden. Latent im Unbewussten schlummernde Antworten auf Ausweglosigkeiten der normalen Denk- und Verarbeitungswege sind ins Licht des Bewusstseins getreten und bieten Lösungen im Sinne einer Bewusstseinserweiterung an. Verschüttete Träume werden wahr, die in tiefen Gegenströmungen zu unserem bewussten Sein ein trotziges Eigenleben geführt haben. Irgendwie hat Chiron das Oben mit dem Unten vertauscht oder doch wenigstens in einen neuartigen Zusammenhang gebracht. Dass dies häufig auch exoterische Synchronizitäten im Gefolge hat, ist eines der vielen kleinen Wunder, die das magische Astro-Spiel immer wieder hervorzaubert und die wir uns mit unserem Raum-Zeit gebundenen Vorstellungsvermögen nur schwer erklären können (auch wenn es bereits eine Reihe naturwissenschaftlicher Erklärungsmodelle hierfür gibt). Wer chironhafte Blackouts nicht kennt, kann sie vielleicht am ehesten mit einer Narkose vergleichen, wobei bei einer Narkose jedoch das Vorstadium einer wochen- und tagelangen Entfremdungssteigerung und auch die anschließende geistige Neuwerdung fehlen. Dass Chiron aber auch Wirklichkeiten schafft, beweist, dass Thomas und ich seit 5 Jahren zusammen in Irland leben und wir die 2-Stunden-Entscheidung unter Chiron-Opposition-Venus noch keine Minute bereut haben.

Sicherlich reagiert nicht jeder so intensiv und dramatisch auf Chiron-Bestrahlungen, wie ich es hier versucht habe authentisch wiederzugeben. Viele exakte Chiron-Transite spielen sich ja auch - uns bewusst nicht zugänglich - während unserer Schlafphasen ab. Aber die Selbstentfremdungserscheinungen und Neuwerdungen durch Chiron müsste jeder, mit wenig mehr als einer Chiron-Ephemeride bewaffnet, auch an sich selbst beobachten können. Wachgerüttelt und auf handfeste Art und Weise Chiron-sensibilisiert, bin ich bei einigen meiner Freunde auf ganz ähnliche Erfahrungen gestoßen, und auch Zane B. Stein in Amerika ist mit seiner Arbeitsgruppe und völlig unabhängig von uns zu vergleichbaren Resultaten gelangt (Selbstentfremdung, Zeitrelativierung, Blackout, Arhythmik, Unverbundenheit, Entwicklungseinschnitte, Distanzierung, Orientierungsverlust etc.).

Erscheint es wirklich so, als käme Chiron aus einer völlig anderen Welt in unser Sonnensystem, passt er gleichzeitig aber auch genau in die Mitte von Saturn und Uranus, indem er uns aus der alten Wirklichkeit und unseren inneren Verknöcherungen gewaltsam herausreißt, in einen Vakuum-Sog hineinzieht und uns schließlich in völlig neuartige Lebensbahnen hineinschleudert. Es ist schwierig, eine derartige Energie irgendeinem speziellen Tierkreis- Zeichen zuzuordnen, doch da er eher der uranischen Neuwerdung zuarbeitet und auch seine Vorgehensweise recht ungewöhnlich ist, stelle ich ihn in die Nähe des Uranus-Wassermann-Themas. Ähnlich wie Uranus scheint er Prinzipien der Evolutionssprünge zu verkörpern und funktioniert dabei wie ein bewusstseinsmäßiger Treppenlift, ein Unterbrecherkontakt, eine Heilnarkose oder wie das Hebewerk einer Schleuse. In Erweiterung des von Stein geprägten Begriffs Maverick (Einzelgänger) möchte ich ihm die Schlüsselworte »Wirklichkeitstransformator«, »Filmcutter« oder auch (mehr im tiefenpsychologischen Sinne) »Strömungsumpoler« an die Seite stellen.

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Hans Hinrich Taeger:
Astro-Energetik

Hans Hinrich Taegers Buch "Astro-Energetik", erstmals erschienen im Jahr 1982, unternimmt den Versuch, die Bereiche altehrwürdiger Astrologie und des traditionellen buddhistischen Weltbildes unter der neuen Bezeichnung »spirituelle Astro-Energetik« zusammenzuführen.

Hans Hinrich Taeger starb im Jahr 2013, und seine Werke drohten in Vergessenheit zu verschwinden. Thomas Siegfried, sein langjähriger Lebensgefährte und Erbe, hat Astrodienst im Jahr 2017 die Rechte zur Online-Publikation von Taegers Bücher erteilt. Wir haben den Inhalt der zweiten Ausgabe nun für diese Online-Ausgabe aufbereitet und freuen uns, dieses aussergewöhnliche Buch hier der astrologischen Community zur Verfügung stellen zu können.