Aufbruch zur Freiheit

von Christoph Schubert-Weller

Die Conjunctio Aurea vom 21. Dezember 2020 im luftigen Herrschaftszeichen Wassermann

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Wir wollen nun die bevorstehende Konjunktion von Jupiter und Saturn gründlich deuten. Sie findet, wie schon erwähnt, auf dem ersten Grad Wassermann statt, auf der Position 00.29 Wassermann. Der Wassermann ist ein Herrschaftszeichen, ähnlich wie sein Gegenzeichen Löwe. Letztmalig fand die Konjunktion von Jupiter und Saturn im Zeichen Wassermann am 16. März 1405 statt. Es war die Zeit der vorreformatorischen Bewegungen. Die katholische Kirche war ethisch und wirtschaftlich in einem beklagenswerten Zustand. Seit 1378 befand sich die katholische Kirche in Spaltung. Drei Päpste, der eine in Rom, der andere in Pisa, der dritte in Avignon, konkurrierten um die Macht. Der römisch-deutsche König Sigismund setzte die Kirche zur Beendigung des Schismas von 1378 massiv unter Druck. Die geistliche Spaltung der Kirche zog die politische Spaltung nach sich – die drei »Lager« der Kirche bekriegten sich. Mehr noch, die europäischen Mächte stellten sich jeweils, wie es opportun erschien, hinter diesen oder jenen Papst und dessen Anspruch auf die Macht. Damit riskierten sie offene Auseinandersetzungen. Sigismund gelang es, den einen Gegenpapst Johannes XXIII. zur Einberufung eines Konzils zu bewegen. Dieses, das einzige übrigens in der Kirchengeschichte, das nördlich der Alpen stattfand, begann am 5. November 1414 und endete im März 1418.

Jupiter/Saturn ist nach der Überlieferung ein Zyklus, in dessen Verlauf ein Herrscher aufsteht, der etwas vom Weltregenten an sich haben dürfte. Die Besonderheit des jeweiligen Herrschers liegt in demjenigen Tierkreiszeichen, in dem der Zyklus neu startet. Der Zyklus, der etwa sechs, sieben Jahre v. Chr. neu startete, begann im mystischen Zeichen der Fische. Jesus Christus ist das Paradigma dieses Jupiter/Saturn-Zyklus. Auf die Frage, ob er der lang erwartete Messias sei, ob er als »König der Juden« gelte, antwortet Jesus bezeichnenderweise zweideutig. Das ist durchaus typisch für die Fische-Qualität. Und dazu passt die rätselvoll-tiefe Ansage von Jesus: »Mein Reich ist nicht von dieser Welt.«

Beginnt der Zyklus in Wassermann neu, darf man ein ungewöhnliches Königtum erwarten. Das ist ein König, der die kirchlichen Vertreter in all ihrer Mediokrität vorführt und der doch den einzelnen Würdenträger respektiert, ein König, der die Kirche gewaltig unter Druck setzt und dabei diplomatisch bleibt, zugleich ein Machtpolitiker, der die bewaffnete Auseinandersetzung nicht scheut. Er tritt mit einer klaren geistigen Grundhaltung (Wassermann!) an: den politischen Stillstand aufzubrechen. Schauen wir nun im Blick auf die bevorstehende Conjunctio Aurea im Einzelnen an, was Jupiter und Saturn im Zeichen Wassermann vermögen.

Jupiter ist der große Optimierer. Steht er im Wassermann, erreicht Jupiter, wie Thomas Ring schreibt, das Optimum »im geistig Ordnenden, der Gestaltung im Rahmen gedachter Weltsystematik«.(1) Die »gedachte Weltsystematik« macht sozusagen das Machtbewusstsein des alten Herrscherzeichens Wassermann aus. Weiter führt Ring noch an: Jupiter im Zeichen Wassermann

»wird produktiv in gedanklicher Durchbildung praktischer Vorhaben, Abklärung leitender Ideen, Fortschrittsglaube, vernünftige Beherrschung der Triebe; Erfolge durch angewandte Menschen- und Sachkenntnis, kann unsentimental mit Stoff und Aufgabe wechseln. Bei ernst vertretener Sache liegt das Glück im Ausharren bis zu ihrem Sieg, nie müde im optimistischen Schwung, an die Stelle des ursprunghaft Schöpferischen, Personengebundenen treten Gesichtspunkte allgemeingültiger Auswertung von bereits vorhandenen, darin erfinderisch, zuweilen auch etwas blutleere Ideologien, deren Forderungen über das Gedeihliche hinaufgeschraubt werden; meist humanitäre Einstellung, die alles im Licht des Verzeihlichen sieht.«(2)

Der Saturn in luftigen Zeichen verfügt nach Thomas Ring über ein

»intentionales Wort- und Begriffsgedächtnis, entsprechend einer gewissen Leichtigkeit der Bezifferung und Anordnung von Erfahrungsstoff … Der bedeutungshaltige Standpunkt begünstigt bei den Luftzeichen, sich rasch des Üblen und Drückenden erlebter Tatsachen zu entheben, auf freundlichere Dinge oder Betrachtungsweisen überzugehen. Negativ kann werden, dass die Wahrnehmung leicht an dem vorbeisieht, was nicht zur angenommenen Lehrmeinung passt oder mit einem genehmen Begriff betitelt werden kann.«(3)

Im Luftzeichen Wassermann ist damit der Saturn auf Plan und Disposition ausgerichtet, dadurch oft breit angelegten Wissensstoff umfassend, Systematik gedanklicher Fertigformen zur praktischen Anwendung, die über Einzelheiten gleichmütig und sozusagen beispielhaft, kasuistisch verfügt.(4)

Der optimistische Schwung eines Jupiter in Wassermann wird produktiv in gedanklicher Durchbildung praktischer Vorhaben. Der Saturn in Wassermann bedarf der Erfahrungswerte, die in eine Ordnung – nach Plan und Disposition – gebracht werden. Der Wassermann-Saturn ist der große Sachkenner. Jupiter allein könnte bei bloßer gedanklicher Arbeit und unreflektiertem optimistischem Schwung im Wolkenkuckucksheim landen. Jupiter ist im Wassermann die enthusiastische Utopie. Saturn ist im Wassermann neben seiner Sachkenntnis der Abklärung leitender Ideen verpflichtet. Aus Enthusiasmus und Utopie (Jupiter) wird nun Klarheit geistiger Grundlegung, die sich auch nicht scheut, in die Breite zu gehen: alles in allem ein realistischer Fortschrittsglaube.

Jupiter ist ein Prinzip, das vorwiegend emotional und dramatisch einherkommt. Er herrscht im feurigen Schützen und in den wässrigen Fischen. Feuer und Wasser sind die emotionalen Elemente, Erde und Luft sind rational, sind realistisch. Jupiter braucht die großen Gesten, er liebt das priesterliche Auftreten, er steht für die heilige Feier des Lebens. Die leichte Kühle der Luft, die leise Distanz – das ist nichts für Jupiter. Saturn hingegen liebt die Luft: Im Wassermann ist er zu Hause, in der Waage steht er erhöht. Saturn kommt mit knappen Gesten aus, er tritt, wenn überhaupt, eher königlich als priesterlich auf – nicht im Ornat, sondern in bescheidener Kleidung. Genau darum nimmt man ihm die Königswürde auch ab. Saturn hat nichts gegen die heilige Feier des Lebens. Er selbst tanzt nicht auf der Straße – er übernimmt vielmehr die Verantwortung dafür, dass andere unbeschwert auf den Straßen tanzen können.

Jupiter wird sich im Zeichen Wassermann vieles einfallen lassen, was zu einer innovativen Weltsystematik wird und was von dorther zu geistigen und praktischen Ordnungen führt. Das kann ein überwältigend fruchtbares Paradigma sein, eine alles beherrschende Leitidee. Man mag vielleicht mit einer technischen bzw. elektronischen Innovation rechnen. Wassermann ist ja auch ein »technisches« Zeichen. Aber Uranus, der schließlich auch ein legitimer Herrscher des Zeichens Wassermann ist, besitzt die Eigentümlichkeit, gerade das Unerwartete Wirklichkeit werden zu lassen. Im Bereich technischer Innovationen kann es Überraschungen geben: Neue Technologien bedeuten unter Umständen die grandiose Pleite älterer Technologien. Wer mit Werten zu tun hat, egal, ob es sich um materielle, um ideelle, um ethische oder spirituelle Werte handelt, sollte sich auf den Sturz seiner Werte gefasst machen. Manches spricht dann für denjenigen Wert, für jenes Ethos, welche nach dem Wertesturz übrigbleiben.

Es wird zu einem Boom an Individualismus kommen, jeder will anders sein als alle anderen. Der rote Teppich für jeden in einer anderen Farbnuance! Der Individualismus ist das entwicklungsgeschichtlich nötige Durchgangsstadium zur Heranbildung der Persönlichkeit.

Wassermann arbeitet gern mit einer Leitidee, mit einem Paradigma. Es könnte um ein ganz neues Lehrgebäude gehen. Es ist gut möglich, dass diese Leitidee technisch, maschinell oder elektronisch orientiert ist, aber Wassermann (und Uranus) bedeuten weit mehr als nur Elektronik oder Technik! Machen wir uns klar, dass der Tierkreis einem inneren Plan gehorcht, der vom Lokalen über das Globale zum Universalen voranschreitet. Lokal sind die ersten vier Tierkreiszeichen, der erste Durchgang durch die vier Elemente, ganz im Hier und Jetzt verhaftet:

Im Wassermann geht es also um eine gänzlich umfassende, eben universale Einsicht. Das kann der »Stein der Weisen« sein oder die »Weltformel« oder das Aleph der Kabbalisten. Es kann dies das eine neue Weltparadigma sein – verbunden mit der tieferen Einsicht, dass wir immer noch im Grunde gar nichts wissen. Doch ist es gut möglich, dass mit Jupiter/Saturn, neu beginnend auf dem 1. Grad Wassermann, ein natur- oder geisteswissenschaftlicher Erkenntnisprozess startet, dessen Ergebnisse außergewöhnlich sind. Die Welt, das Universum werden fortan vielleicht anders systematisiert und kartografiert als zuvor, weil es zu einem Paradigmenwechsel, zum Wandel einer kosmologischen oder auch nur globalen Leitidee kommt.

Fußnoten:
1  Ring 2003, S. 219.
2  Ring 2003, S. 227.
3  Ring 2003, S. 157.
4  Ring 2003, S. 148.