Sommerfreuden
Kolumne von Barbara Hutzl-Ronge
Wohlgefällig ruht mein Auge auf den Blumen in meinen Balkonkästchen.
Hier habe ich kunterbunt zusammengesetzt, was in mir das Gefühl
üppigen Sommers auslöst. Knallrote und dunkelrote Geranien sitzen
zwischen orangeroten und sonnengelben Blüten. Violettes Basilikum,
das komischerweise rotes heisst, sich aber in Wirklichkeit dunkelviolett
mit einem Hauch von hellgrün zeigt, bildet einen tollen Kontrast
zur einzelnen Geranie in Pink. Dazwischen ragt mitterweile riesiges
grossblättriges Basilikum heraus, und beim Gedanken an all die Tomatensalate
oder die schnell gemörserten Pestosaucen läuft mir schon jetzt das
Wasser im Mund zusammen.
Neben
meinem Balkon steht ein Kirschbaum. Seine Blätter bilden den Hintergrund
zu meiner Farbenpracht und in den Zweigen, die bis zu mir herüber
reichen, finden nicht nur Vögel Schutz. Auch ich fühle mich geborgen
und liebevoll abgeschirmt von der Strasse. Am Himmel türmen sich
Gewitterwolken. Die von Osten herkommen, sind bleigrau. Die Luft
riecht nach Regen. Ich freu' mich auf das Gewitter wie ein Kind.
Dicke einzelne Tropfen fallen auf den heissen Asphalt. Die Spannung
ist zum Greifen. Da, nun reisst ein erster Blitz den schweren Himmel
auf und kurz danach kracht der Donner zwischen die Häuser. Und plötzlich
giesst es wie aus Kübeln. Ich sitze in der Tür und geniesse mein
Da-Sein auf der Schwelle. Draussen tobt das Wetter, Wasser spritzt
auf meine nackten Zehen. Nie ist das Gefühl der Geborgenheit so
gross, wie während eines Gewitters zu Hause. Nichts kann es mir
anhaben, ich bin geschützt, hab ein Dach über dem Kopf.
Als der Regen zu Ende geht, setze ich mich wieder hinaus in die
angenehm frische Luft. Zum Lesen hab ich mir das neue Gartentagebuch
von Barbara Frischmuth mitgenommen. Während ich an ihren Gartensorgen
und -erfolgen teilhabe und mich an den schönen Pflanzenfotos erfreue,
wächst in mir ein Gefühl von Heimat. Denn die Autorin kommt wie
ich aus Österreich, aus der Steiermark und ihre Sprache ist mir
altvertraut.
Da läuft unter meinem Balkon mein Nachbar Jürg vorbei, blickt nach
oben und erzählt, er habe für heute Abend Freunde zum Grillen auf
unser Dach eingeladen, fragt, ob ich denn nicht auch Lust hätte
hinaufzukommen. Ich verspreche einen Melonensalat beizusteuern und
er eilt von dannen, um den Grill anzuheizen. Ich freue mich über
die gesellige Einladung, aber auch darüber, dass ich selber mich
nicht mit dem Feuermachen plagen muss.
Später auf dem Dach stelle ich fest, dass ich einen Teil von Jürgs
Gästen kenne. Da ist ein Paar, das mir schon vor zwei Jahren gefallen
hat, weil ich bewundert habe, wie stressfrei sie mit einem Säugling
zu Besuch kamen. Die kleine Lee plappert mittlerweile ganz munter
und berichtet mir stolz, dass sie und Papi heute Wein für Onkel
Jürg gekauft haben. Schmunzelnd offeriert besagter Onkel den Weisswein
und diskutiert mit Emmi die ideale Taktik, um Thunfisch saftig zu
grillen. Ich geniesse es so verwöhnt zu werden, und schätze einmal
mehr unsere Hausgemeinschaft und das schön bepflanzte Dach, auf
dem es möglich ist, so spontan gemütlich beieinander zu sitzen.
Während des Essens schiebt Lee, die auf ihres Vaters Schoss sitzt,
ihre kleinen Füsse unter meine Wollstola, denn es ist kühl geworden.
Wenig später schläft sie in einem Klappbett, das Roseanne ruckzuck
für sie neben dem Schornstein aufgestellt hat.
Als Jürg das Dessert bringt, marinierte Erdbeeren und eine Dose
Schlagrahm, glänzen die Augen aller selig. Genüsslich spritzt Emmi
eine Rosette auf ihre Erdbeeren und erzählt, welches Privileg es
war, als Kind solch eine Dose überhaupt anfassen zu dürfen. Die
anderen lächeln wissend. Und eine zeitlang ist es ganz still, bloss
die Dose zischt immer wieder, wenn sich einer von uns einen Extratupfen
Rahm gönnt.
 Wahrscheinlich haben Sie - geschätzte LeserInnen - schon längst
bemerkt, welches astrologische Thema ich diesmal gewählt habe: den
Krebs. Seit der Sommersonnenwende am 21. Juni durchläuft die Sonne
dieses Zeichen und regt in uns das Bedürfnis an, uns wohl, umsorgt,
geborgen und daheim fühlen zu wollen. Sicherlich sind es ganz unterschiedliche
Dinge, die jeder von uns braucht, um diese Gefühle in sich zu verspüren.
Wie sieht Ihr Sommer-Wohlfühl-Puzzle aus? Gönnen Sie sich möglichst
viel von dem, denn nun ist es Zeit, um satt und voll zu werden,
sich bis in den letzten Winkel der Seele zu nähren, um dann, wenn
die Sonne in den Löwen wechseln wird, so übervoll mit allem zu sein,
dass das nächste möglich wird, nämlich rundum pure Lebenslust zu
verströmen.
© Barbara
Hutzl-Ronge / Astrodienst AG 04/2003 |