Die Geister, die ich rief...
Kolumne von Barbara Hutzl-Ronge
…mag ich gern noch ein wenig begleiten," dachte ich mir, nachdem
ich einige überraschende Reaktionen auf meine letzte Kolumne erhalten
hatte.
"Es tut so gut zu wissen, dass ich nicht die Einzige bin, bei der
es drunter und drüber geht", freuten sich die einen. "Fein,
das war der Zweck der Übung", dachte ich mir. Diejenigen, die mitten
im Liebesschlamassel sassen und sich dafür auch noch mit einer Selbstbeschuldigungslitanei
quälten, zu entlasten, das hatte ich - unter anderem - im Sinn gehabt,
als ich über die Aufregung stiftende Venus-Uranus-Konjunktion in
den Fischen schrieb.
Womit ich nicht gerechnet hatte, war die entrüstet vorwurfsvolle
Frage: "Was, alle anderen erleben turbulente Liebesgeschichten? Um
Himmels Willen, warum denn ich nicht?!" Dass ich mir die relativierende
Antwort, "Nein, nein, nicht alle! Es gibt bloss allgemein betrachtet
jetzt mehr Liebesaufregungen als sonst", sparen konnte, merkte ich
bald. Den Salat hatte ich schon angerichtet und der Geschmack des
bitteren "Nicht-Erlebens" blieb hartnäckig erhalten, einerlei, was
ich noch an verbessernden Zutaten hineinwarf.
Kürzlich lockte mich ein Himmel mit rosa angeleuchteten Sonnenuntergangswölkchen
nach draussen. Schnellen Schritts marschierte ich in den nahe gelegenen
Park, eilte den Hügel hinauf, hoffend, das schöne Licht bei guter
Aussicht noch etwas geniessen zu können. Der See und die Häuser rundum
lagen bereits im Schatten, waren in ein Meer dämmriger Blautöne getaucht,
das zu überdecken eine Wolke sich eben anschickte. Um so lebendiger
wirkte das Grün der Wiese, als hätte es ein paar Lichtstrahlen mehr
genascht, die es ihm nun erlaubten, der Sonne hinterdrein zu leuchten.
Am Schönsten aber war, dass über allem fast unwirklich zart die Sichel
des zunehmenden Mondes stand.
Die Allee entlang gehend konnte ich mich nicht entscheiden, wie
mir der Mond am besten gefiel: wenn er in den feinen Ästen einer
Buche hing, den Dachfirst des Lusthäuschens hinaufzuklettern schien
oder zwischen zwei Tannen durchlinste. Ich fand eine Steinbank, die
etwas geschützt unter Bäumen zum Verweilen einlud und mir eine wunderbare
Sicht auf den Mond anbot. Dort sass ich dann und liess die Schönheit
um mich herum tief in meine Seele sinken.
Da begann am Fuss der Mondsichel etwas zu blinken. Ich dachte schon
an ein Flugzeug, das letzte Lichtstrahlen reflektierend sich wohl
bald weiter bewegen würde. Doch da bewegte sich nichts. Es war Venus,
die sich dem Mond am Himmel zugesellt hatte und nun als Abendstern
glänzte. Mit einem Mal war da ein Gefühl von Frieden, von glücklich
verschmitzter Zuversicht und die Zeit durfte ein wenig stillstehen.
Erst nachdem sie mir einen langen Moment des Seins gewährt hatte,
meldete sich die Astrologinnenstimme in meinem Kopf: "Du weißt doch,
dass Venus jetzt in den Fischen steht. Vor kurzem hatten wir Neumond
und nun wird der Mond eben in den Fischen wieder sichtbar." - "Und
was ist mit diesem Gefühl von Frieden, von glücklich verschmitzter
Zuversicht", fragte ich retour, "kannst Du mir das astrologisch begründen?" -
"Denk doch mal nach" forderte sie mich auf. "Wir hatten diese Venus-Uranus-Konjunktion
am 15. Januar, die Dir so gut gefiel, weil sie viel Potential zum
lebendiger werden in sich barg. Du hast sogar drüber geschrieben,
meine Gute! Danach hatten wir am 21. Januar Neumond. Wo wohl?" - "Im
Wassermann, logischerweise" antwortete ich beflissen. - "Genau. Also",
dozierte sie weiter, "damit begann eine gute Zeit, um neue Verhaltensweisen
auszuprobieren. Das wird Dir doch wohl in den letzten Tagen aufgefallen
sein, meine Liebe?", fragte sie lehrerinnenhaft. "Ja, klar", kicherte
ich vergnügt, "es macht ausgesprochen Spass neue Verhaltensweisen
auszuprobieren." - "Und allein darauf kommt es an", stimmte sie mir
zu, "es ist bloss wichtig, den nächsten sich lebendig anfühlenden
Schritt zu tun. Den ganzen Weg - meine Güte! - den muss jetzt noch
niemand kennen!"
"Ich glaub’, Du hast recht" antwortete ich, "nun können wir im Fischemond
einfach loslassen, was überholt ist, und können uns dem Neuen hingeben,
ohne zu wissen, was es genau ist." - "Erzähle das Deinen Leserinnen
und Lesern", sprach die Astrologinnenstimme weiter, "besonders jenen,
die sich beklagt haben, ihr Liebesleben liege brach. Wer nun das
Gefühl hat, es laufe nichts oder zu wenig, braucht bloss mutig tun,
was sich lebendig anfühlt, und schon kommen die Dinge in Gang." "Und
da der zunehmende Sichelmond in den nächsten Monaten noch oft auf
Venus treffen wird", mischte sich jetzt auch noch die Astronomin
ein, ... "ist die kosmische Unterstützung für wachsendes Liebesglück
ja fast perfekt", schlossen wir drei unisono.
Und da soll noch jemand sagen, es mache kein Vergnügen, allein im
Mondschein auf einer Bank zu sitzen. Angeregt und heiter zu dritt - just
me, myself and I. Mit den dreien nimmt nicht nur jede gute Liebesgeschichte
ihren Anfang, ihre Gesellschaft immer wieder zu geniessen, gehört
für mich zu den Selbstverständlichkeiten meines Lebens.
© Barbara
Hutzl-Ronge / Astrodienst AG 08/2003 |