Die Symbolik der Mondknoten als Schnittpunkte
In
den Mondknoten schneiden sich die Sonnen- und die Mondumlaufbahn in zwei
gegenüberliegenden Punkten.
Die Sonne im Horoskop symbolisiert unseren Wesenskern, unser schöpferisch
gestalterisches Potenzial. Durch ihre Stellung definieren wir uns als
Individuen: Ich bin. Darüber hinaus symbolisiert sie aber auch unser
Selbst, eben diese Ganzheit oder Einheit, für die wir keine Vorstellung haben.
Sie ist die Integrationskraft in uns, die uns zur Bewusstwerdung und
zur Entwicklung vom Ich zum Selbst antreibt.
Ihr wird die männlich-aktive Tagkraft, die Yang-Energie zugeordnet,
durch sie wird der Mensch aufgefordert, zum gestaltenden Künstler
auf der Erde zu werden. Sie symbolisiert den realen wie auch den göttlichen
Vater als lebensspendendes Prinzip, den zeugenden Geist.
Auch astronomisch ist sie in unserem Sonnensystem das zentrale, lebensspendende
Gestirn. Ohne ihr Licht und ihre Wärme wären kein Leben und keine
Entwicklung auf der Erde möglich.
Der Mond als Himmelskörper hingegen strahlt kein eigenes Licht ab.
Er empfängt es von der Sonne, und seine sichtbare Form ergibt sich
nur aus dem sich laufend verändernden Verhältnis zu dieser Lichtquelle.
Er nimmt auf und spiegelt wider, kann nur das reflektieren, was er empfängt.
So symbolisiert er im Horoskop die Yin-Energie im Menschen, die weiblich-empfangende
Nachtkraft, die aufnimmt und das in der Welt erscheinen lässt, sichtbar
macht, was sie empfangen hat. Das Ganze, die Einheit, ist für
uns nicht erkennbar, wir sehen hier auf Mutter Erde immer nur Teile
davon.
Auch Mare, das Meer, aus dem alles Leben entstanden ist, oder Mater,
die Mutter, und Maria, die den Gottessohn empfangen und geboren hat,
sind vom
Wortstamm her erkennbare Mondentsprechungen. Diese Welt der Erscheinungen
hier auf Mutter Erde ist ein nur Teil, ein Abbild dessen, was dahinter
steht als Lichtquelle, die spirituelle Idee, das Göttlich-Geistige
der Sonne. Deshalb nennen die Inder unsere konkret sichtbare Welt auch „Maja“,
was soviel bedeutet wie „Die Welt der Erscheinungen“.
So symbolisiert der Mond den unbewusst-reaktiven Teil in uns, der
empfängt
und widerspiegelt, in die Welt der Erscheinungen gebiert, den Gegenpol
zur Sonne.
In den Mondknoten schneiden sich nun beide archetypischen
Energiebahnen in zwei Punkten. Sonne und Mond als die beiden Urpolaritäten verbinden
sich dort zu einer Einheit, denn laut Definition hat ein Punkt keine Ausdehnung
und damit keine Raum-Zeit-Bindung; die Polarität ist also aufgehoben.
Wenn Sonne und Mond in einem Punkt verschmelzen, ist die Welt der
Erscheinungen mit dem göttlichen Geist verbunden – sie sind zu einer Einheit
geworden und keine Gegensätze mehr.
Das, was empfangen und widergespiegelt wurde, verbindet sich mit
der zeugenden Kraft, Körper und Geist oder Gott und Welt sind eins.
Vergangenheit und Zukunft schneiden sich im Heute, im Moment der
Zeitlosigkeit – in
der christlichen Terminologie die Ewigkeit.
Diese Einheit, das Verschmelzen, haben wir oben als einen Aspekt
mit Mondcharakter beschrieben und die zwei Schnittpunkte der Opposition
als Sonnenentsprechung.
Beide Symbole sind also auch über die Schnittpunkte ihrer Umlaufbahnen
hinaus in dieser Achse enthalten.
Ich möchte noch einmal kurz auf die Finsternisse zurückkommen.
Die Konjunktion von Sonne und Mond auf einem der beiden Schnittpunkte verdunkelt
die Sonne, sie zeugt sich ganz in den empfangenden Mond, sie verschmilzt
und verbindet sich mit ihm. Die Einheit der beiden Gegensätze ist
also doppelt verdeutlicht, einmal durch den Schnittpunkt der Bahnen und
zum anderen durch die Verbindung miteinander. In der Konjunktion, dem Mondaspekt,
wird die Sonne verdunkelt. Eine Sonnenfinsternis ist dagegen interessanter
Weise nur bei Tag sichtbar.
Wenn beide Lichter sich auf der Mondknotenachse in Opposition gegenüber
stehen, wird der Mond verdunkelt. Die Opposition ist ein Sonnenaspekt
und fordert zur Bewusstwerdung über die Einheit der Gegensätze auf.
Aber wieder „verschwindet“ einer von beiden. Es ist ebenso
eine doppelte Symbolik, denn auf den beiden Oppositions-Knoten, die ja
beide zusammen und jeder für sich die Verbindung symbolisieren, steht
jeweils ein Licht dem anderen genau gegenüber. Und dieses Schauspiel
mit sonnenhaftem Charakter ist nur bei Nacht sichtbar.
Die Motivation zur Inkarnation
In jedem der beiden Schnittpunkte ist die Vereinigung der
Gegensätze zwischen den beiden Urpolaritäten Sonne und Mond symbolisiert.
Sonne und Mond verbinden sich zu einer Einheit, und in der Einheit gibt
es keine Unterscheidung mehr, beide Knoten sind also gleich.
Da es jedoch zwei Knoten in Opposition sind, enthalten sie, wie oben beim
Sonnenaspekt durch die Zahl zwei symbolisiert, die Aufforderung zur Bewusstwerdung,
zur Integration zweier scheinbarer Gegensätze. Bei dieser Achse geht
es also um die Aufhebung der Polarität von Sonne und Mond, von Geist
und Materie, von Geben und Empfangen, von Gott und Welt mittels Erkenntnis.
Wie auch bei den beiden anderen Achsen [AC/DC- und MC/IC-Achse,
Anm. d. Red.] geht es hier nicht um eine lineare Richtung von/zu, sondern
um die
Integration in der
Mitte,
dem Punkt
der
Zeit- und Raumlosigkeit.
Hier steht im Horoskop symbolisch der geborene Mensch in der Welt der
Gegensätze,
gebunden an das Kreuz der Realität von Raum und Zeit (die beiden
Achsen AC/DC und IC/MC). Aber nun wird er durch die Symbolik der beiden
Schnittpunkte
der Mondknotensymbolik aufgefordert, diese scheinbaren Polaritäten
zu überwinden.
So verstanden ist in der Mondknotenachse als Bewusstwerdungsaspekt das
Streben nach Überwindung der Gegensätze hier in der Welt symbolisiert,
nach der Vereinigung von Körper und Geist, von Gott und Welt.
Ich nenne dies die „Motivation zur Inkarnation“ oder das „spirituelle
Ziel der Existenz in der Form“.
Nun kann ich die Mondknotenachse
sehr wohl als Symbol für das Karma
des Menschen übersetzen, jedoch nicht als reale Beschreibung von vergangenen
Inkarnationen durch den absteigenden Mondknoten, sondern als den Weg des
Menschen durch die möglicherweise verschiedenen Existenzen hin zur
Einheit. Es ist sein Karma, sich zu inkarnieren, sich in der Welt der Polaritäten
an die Raum-Zeit-Achse zu binden, um durch Bewusstwerdung und Integration
der Gegensätze in die Mitte zur Ganzheit zu gelangen.
Dieser Gedanke, diese Motivation, sich zu inkarnieren, lässt sich
nun auch problemlos mit Menschen besprechen, die nicht von mehreren
Wiedergeburten ausgehen, sondern von einer einmaligen Existenz.
Die Stellung der Mondknotenachse im Radix beschreibt demnach den
Weg eines Menschen, den er in diesem Leben gewählt hat, um die Polarität
zu überwinden. Dabei steht der absteigende Mondknoten nicht für
den Beginn dieses Weges und der aufsteigende nicht für das Ziel, sondern
die Achse der beiden Zeichen symbolisiert das gewählte Thema, über
das die Ganzheit erreicht werden will.
So beschreiben diese beiden
sensiblen Punkte in ihrer scheinbaren Gegensätzlichkeit
die Motivation, das, was mich antreibt, was ich als Polarität erlebe,
was mich sensibel reagieren und nach Überwindung streben lässt.
Ich möchte dies an einem Beispiel verdeutlichen: Wenn der
absteigende Mondknoten in der Waage und der aufsteigende Mondknoten
im Widder steht,
geht es also nicht darum, Eigenständigkeit im Gegensatz zu
Gemeinsinn zu entwickeln, von einem Pol zum anderen zu gelangen.
Bei der herkömmlichen
Art der Interpretation blieb die Achse auch hauptsächlich
auf zwischenmenschliche Kontakte bezogen und beschränkt. Als Motivation zur Inkarnation gedeutet, bedeutet diese Achse hingegen,
dass sich der Mensch mit den Mondknoten in Widder und Waage angesprochen,
motiviert fühlt, sich mit der Polarität von Getrenntheit und
Verbundenheit auseinander zu setzen, um im Laufe des Lebens zu erkennen:
Es gibt kein Entweder/Oder, sondern immer ein Sowohl/Als auch. Und so verstanden
lässt sich die Achse auf alle Lebensbereiche anwenden.
Bei meiner neuen Art der Deutung ist es jetzt auch nicht
mehr relevant, ob nun der absteigende oder der aufsteigende Mondknoten
im Widder
bzw. in der Waage steht, das Thema bleibt gleich. Wie der Einzelne
jedoch
mit diesem Thema umgeht, ist individuell und hängt von seinen
Planetenstellungen im Radix ab.
Ich werde im Hauptteil über die „sechs Themen als Motivation
zur Inkarnation“ hierauf noch genauer eingehen.
Die sechs
Themen als Motivationen zur Inkarnation
Die Schnittpunkte von Sonnen- und Mondbahn werden auf den
Tierkreis projiziert. Die Zeichen, in denen sie stehen, sind die kosmische
Prägung, sie beschreiben das "Wie" der Motivation. Deshalb ist für mich
die Zeichenachse bei der Beschreibung des Themas ausschlaggebend. Die Häuserachse
bezieht sich auf das Umfeld hier auf der Erde und ist somit der Lebensbereich,
das "Wo", das von diesem "Wie" am meisten berührt ist.
Ich nenne das Thema der Mondknotenachse auch gerne den Titel
des jeweiligen Lebensbuches, und die einzelnen Kapitel werden von den verschiedenen
Planeten geschrieben, aber immer mit Bezug auf den Titel.
Das Thema der Mondknotenachse ist damit gleichsam die Zusammenfassung des
Radix bzw. des Lebens dieses betreffenden Menschen auf spiritueller Ebene.
Es ist wie ein roter Faden, um den sich die verschiedenen Ereignisse ranken
und die nun mit der Überschrift, dem Titel oder der Leitlinie eine Verbindung
untereinander bekommen und auf diesem Hintergrund in ihrem Sinn verstanden
werden können. [...]
Mondknotenachse in ... |
Titel des Lebensbuches |
Widder / Waage |
Beziehungen |
Stier / Skorpion |
Bindungen |
Zwillinge / Schütze |
Ent-Decken |
Krebs / Steinbock |
Für-Sorge |
Löwe / Wassermann |
Selbst-Verwirklichung |
Jungfrau / Fische |
Einer Aufgabe dienen |
[...]
[Beispielhaft soll hier nur die sechste Achse besprochen
werden.]
Die Sechste Achse -
Jungfrau / Fische
Auch bei dieser Achse beginnen wir damit, die Polarität
zu entwickeln, um dann die Gemeinsamkeit zu erkennen. Das Zeichen Jungfrau
kommt im Vergleich mit anderen Zeichen des Tierkreises oft nicht gut weg.
Es wird als pedantisch, kleinkariert und ordentlich beschrieben. Ich denke,
dass das der Jungfrau nicht gerecht wird. Auch glaube ich, dass nicht Merkur
der Herrscher dieses Zeichens ist, zumindest nicht allein, sondern zusätzlich
der Kleinplanet Chiron. Ihn in die Übersetzung mit einzubeziehen,
ermöglicht eine weitaus differenziertere Deutung des Zeichens Jungfrau,
sodass es in seiner Qualität anders und wesentlich tiefer verstanden
werden kann.
Bis zum fünften Zeichen, dem Löwen, hat der Mensch sich in seiner
Persönlichkeit entwickelt. Nun, im 6. Zeichen Jungfrau, steht er an
der Schwelle zur Gesellschaft, zum 7. Zeichen Waage. Damit hat dieses Zeichen
die Funktion der Vermittlung zwischen Ich und Gesellschaft, und es stellt
sich die Frage: “Wer bin ich und womit kann ich den anderen nützlich
sein“. Jungfrau als bewegliche Erde ist für mich ein Zeichen
des Übergangs, auf beide Seiten hin orientiert und damit häufig
schwankend und unsicher. Um sich auf dieser labilen Erde sicher zu fühlen,
wird oft der Bezug nach außen gesucht: Das eigene Handeln richtet
sich maßgeblich nach den Kriterien anderer, z. B. gesellschaftlichen
Werten. Erfüllt man diese Kriterien, dann fühlt man sich in
Ordnung und hat sich das Existenzrecht verdient.
Mit dem Mondknoten in diesem Zeichen hat man deshalb häufig
das Gefühl,
sich seine Daseinsberechtigung verdienen zu müssen, so zu funktionieren,
dass die eigene Existenz gerechtfertigt ist, indem man nützlich
ist für die anderen. Die Gefahr besteht allerdings darin, dass
man sich aus diesem Grund einem Wertesystem beugt – ob geistiger
oder materieller Art – das von Vorbildern übernommen wurde
oder aus den Idealen anderer abgeleitet ist. Diesen Kriterien will
man nun gerecht werden. Dabei
wird der Anspruch an sich selbst oft sehr hoch gesteckt und bei Versagen
setzt heftige Selbstkritik ein. Natürlich ist man dann
besonders empfänglich für jede Art
der Kritik von außen, bezieht man diese doch nicht nur auf das
jeweilige Thema, sondern grundsätzlich auf die eigene Existenzberechtigung.
Hinter
der pingeligen „Erbsenzählerei“ steckt also
häufig
eine große Unsicherheit in Bezug auf den eigenen Wert, eine Angst,
nicht in Ordnung zu sein, ein Mangel an Vertrauen in die eigene Existenz.
Und wenn dieser innere Bezug zur eigenen Persönlichkeit fehlt,
braucht man eben ein äußeres Wertesystem, das klar definiert,
was richtig und was falsch ist, eben Pepita, kleinkariert schwarz oder
weiß.
Alle Zwischenstufen verunsichern, ist doch dann nicht klar, wie man
sich verhalten soll. Also muss sortiert und eingeordnet werden, das
gibt Sicherheit
und einen Standpunkt. So unterwerfen sich Menschen mit einem Mondknoten
in diesem Zeichen oft realen Kriterien (das ist gut, jenes schlecht),
denen sie dienen, um sich in Ordnung zu fühlen. Dabei übernehmen
sie sich oft kräftemäßig, helfen hier, setzen sich
da ein, machen auch die Kleinarbeit, die anderen zu gering ist, um
vor sich selbst
bestehen zu können. Sie sind sehr hilfsbereit, setzen sich ein
für
Schwächere oder Kranke, haben viel Mitgefühl und sind da,
wenn Not am Mann ist, um praktisch zu helfen.
Es ist dieses unangenehme „Chiron-Gefühl“, das sich als
Antreiber dahinter verbirgt: „Irgend etwas an mir ist nicht in Ordnung,
ich muss es kontrollieren oder verdrängen, damit es aufhört.
Ich möchte dazugehören, so sein wie die anderen, den Erwartungen
und Anforderungen entsprechen“. Und so wird der Teil, der dem verinnerlichten
Wertekatalog entspricht, oft übersteigert und der scheinbar negative
Teil abgespalten. Da die Jungfrau ein Erdzeichen ist, wird diese Ordnung
häufig auf die konkreten Entsprechungen bezogen, auf das Verkörperte,
und das Chaos des Ungreifbaren wird abgelehnt. Wir wissen aber aus der
Mythologie über Chiron, dass es ihm auf diese Art und Weise nicht
gelungen ist, heil zu werden. Dazu brauchte es gerade das Gegenzeichen,
die Fische, das Loslassen der eigenen Kontrolle, das Vertrauen in den Fluss
des Ungreifbaren. So leiden Menschen mit dieser Achse, wenn sie aufgrund
ihrer Planetenkonstellationen im Radix eher auf der Jungfrau-Seite stehen,
häufig an einem Mangel an Vertrauen zu sich selbst und dienen damit äußeren,
realen Kriterien, um sich ihre Daseinsberechtigung zu verdienen und sich
nicht schuldig fühlen zu müssen.
Rein und sauber sein, sich die Hände in Unschuld zu waschen,
meint hier eben, sich an den selbst gesetzten Kriterien von Richtig
oder Falsch
zu orientieren.
Für dieses Zeichen ist es sehr wichtig, sich zu fragen, welchem „Herrn“,
welchen Wertekriterien es dient.
Auch das Zeichen Fische steht an einem Übergang, nämlich
zwischen der luftigen, überpersönlichen Höhe des Wassermanns
und dem ganz persönlichen, egozentrierten Widder, dem Übergang
zwischen Gesellschaft und Ego. Mit dem Zeichen Fische endet auch der Tierkreis
und
gleichzeitig beginnt im Widder ein neuer Zyklus. Hier wird das
Schwanken erlebt zwischen den geistigen, körperlosen Welten und der
realen Inkarnation, aber auch, wie in der Jungfrau, zwischen Gesellschaft
und Eigenperson. So empfindet es der Mensch mit dieser Achse, falls die Planetenkonstellationen
des Radix eher die Fische-Richtung der Mondknotenachse betonen,
oft als Belastung, überhaupt in einem Körper zu sein. Manchmal fehlt
der Bezug zur Realität, die Sehnsucht nach der idealen Transzendenz
ist stark und man flieht vor der Welt. In Träumen und Fantasien zu
leben ist viel schöner, als sich den Anforderungen der schnöden
Welt zu stellen, und verwirklichen lassen sie sich sowieso nicht,
wie sich schon oft gezeigt hat.
Dieser Weltflucht, diesem Abtauchen geht häufig ein tiefes Versagensgefühl
voraus. Denn ähnlich wie im Zeichen Jungfrau bestimmen auch hier hohe
Ideale und Ansprüche das eigene Verhalten. Nur sind die Kriterien
hier eher Visionen, wie es sein könnte, es sind die Ahnungen von einer
besseren Welt in Frieden und Verbundenheit, denen man sich unterwirft und
denen man dienen möchte. Die Gefahr ist hier, dass die Träume und Visionen so hoch über
der Realität schweben, dass sie nicht zu verwirklichen sind, sodass
vielleicht das Gefühl aufkommt: “Da kann ich besser gleich aufgeben!“.
Die Welt kann als so hart und schwer erlebt werden, dass man sich ihr nicht
gewachsen fühlt, sich eine Scheinwelt baut und sich darin zurückzieht.
Es geht nicht mehr um den Wert des eigenen Ichs, sondern um
dessen Auflösung
für etwas Größeres. Auch hier besteht die Gefahr, dass
der Bezug fehlt zum eigenen Ich mit seinen individuellen Möglichkeiten,
einer Idee, einem Ideal zu dienen. Hilfs- und Opferbereitschaft haben in
diesem Zeichen den Zweck, das eigene Ego aufzulösen, und Schuldgefühle
setzen ein, wenn man diesem hohen Anspruch nicht gerecht wird oder gar
einmal etwas für sich selbst will. Die eigene Existenz wird möglicherweise
für wertlos gehalten, es sei denn, man dient den anderen und unterwirft
sich gesellschaftlichen Anforderungen oder höheren Mächten, opfert
sein Ich.
Überspitzt formuliert könnte man sagen, hier möchte man sich einen
Platz im Himmel verdienen, rein werden von Ego-Wünschen,
um die lästige
Inkarnation hinter sich zu bringen.
Das Christentum mit seiner Symbolik enthält viel von diesen Fische-Qualitäten. „Liebe
deinen Nächsten (und opfere dich für Höheres)“, dies
sind Kriterien, auf die Menschen mit dieser Seite der Mondknotenachse leicht
ansprechen. Dabei wurde der zweite Teil des Satzes, nämlich “...
wie dich selbst“, häufig vergessen. Auch das in der kirchlichen
Lehre oft erwähnte Opfer wurde meiner Meinung nach falsch interpretiert.
„Dein Wille geschehe“, dieser Satz bewegt Menschen mit der Betonung
der Fische-Seite häufig dazu, ihren eigenen Willen zu
ignorieren und sich „frei-willig“ Gesetzen und
Geboten von Mächten zu
unterwerfen, die scheinbar über ihnen stehen. Die Gefahr
ist hier, dass sie sich aufgeben und jenen dienen, die ihren
Idealismus ausnutzen.
Auch hier geht es also um eine Bewertung von Gut und Schlecht,
um hohe Ansprüche an sich selbst und den Wunsch, sich
durch Dienst und Unterwerfung unter bestimmte Kriterien etwas
zu erdienen.
Und so heißt das Thema der sechsten Achse, auf das diese Menschen
sensibel reagieren, durch das sie sich motiviert fühlen:
„Einer
Aufgabe dienen“
Dieser Titel ruft bei meinen StudentInnen regelmäßig
Unwillen hervor, besonders wenn sie die Achse in ihrem Horoskop haben.
Sie sind betroffen davon und wollen eben gerade nicht mehr dienen und Aufgaben
erfüllen. Damit drücken sie aber schon genau das aus, worauf
sie so sensibel reagieren. Und ich habe des öfteren beobachtet, dass
ihre Abwehr umso intensiver ist, je stärker sie vordem bereit waren,
sich den scheinbar eindeutigen Forderungen dieses Themas zu beugen.
Der Titel dieser Mondknotenachse beschreibt in der oberflächlichen
Betrachtung die Unterwerfung unter bestimmte Wertvorstellungen. Demnach
werden wir in den Horoskopen der Betroffenen durch die Verteilung der Planeten
auch Anpassungsbereitschaft, möglicherweise eine Selbstwertproblematik
oder Identitätsschwäche angezeigt finden. Das Wort Aufgabe
assoziiert bei dieser Art der Betrachtung die Selbst-Aufgabe, die Hingabe
an etwas Höheres ohne Rücksicht darauf, was man selber
will. Auch mit dem Wort „dienen“ verbinden wir die Vorstellung
von der Unterwerfung unter einen „Herrn“, der bestimmt, was
wir zu tun haben. Und auf beides reagieren Menschen mit dieser Achse sehr
sensibel und folgen möglicherweise auch lange diesem Weg.
Ich möchte die Idee des Dienens im Titel dieser Achse jetzt so übersetzen,
wie sie eigentlich gemeint ist, denn gerade die Beschäftigung damit,
die Umdeutung des Offensichtlichen, führt letztendlich zum Thema
dieser Entwicklungsspirale.
Mit dieser Achse sucht man seine Lebensaufgabe. Das tut mehr oder
weniger jeder, könnte man einwenden. Mit der Mondknotenachse Jungfrau/Fische
ist es jedoch so, dass man sich bei jeder Aufgabe, die von außen
gestellt wird, sensibel angesprochen fühlt, die Aufgabe zu erfüllen,
und dementsprechend reagiert. 
Und es geht Menschen mit dieser Mondknotenachse gerade nicht um irgendeinen
Job, eine Arbeit, die sie erledigen, sondern sie wünschen sich, mit
ganzem Herzen und ganzer Seele dabei sein zu können. Deshalb
ist ihnen auch so schnell nichts zu viel, denn sie geben sich ja
ganz hinein. Wie
sie das tun, hängt allerdings von den Planetenstellungen ab.
Das Wort „Aufgabe“ hängt mit dem Begriff „aufgeben“ zusammen.
Es entspricht zum einen dem „Sich-Hingeben“, zum anderen der
Resignation, wenn es wieder einmal nicht der richtige Platz war, auf dem
sie gedient haben, wenn es wieder einmal nicht die Aufgabe war, an der
Herz und Seele beteiligt sein können, oder wenn die Realisierung weit
hinter den eigenen Idealvorstellungen zurück blieb.
Deshalb ist es bei dieser Achse sehr wichtig, das ganze Radix mit
all seinen Fähigkeiten und Talenten zu deuten, damit diese Menschen ihre wirkliche
Aufgabe, ihren Platz in der Welt finden und ihren eigenen Idealen folgen
können. Das „Dienen“ bezieht sich nämlich auf ihre
Anlagen. „Diene mit dem, was du bist“, das ist die eigentliche
Bedeutung dieses Wortes. Also nicht etwa einem weltlichen Herrn, bestimmten
Wertvorstellungen, den Erwartungen der Eltern, des Partners oder der Kinder
zu dienen, sondern der eigenen Lebensaufgabe. Und das ist dann keinesfalls
Unterwerfung oder Ego-Aufgabe, sondern die Verbindung der spirituellen
Anlagen mit den realen Gegebenheiten. Im Wort „Aufgabe“ finden
wir nämlich auch die “Gabe“ und in der Ableitung davon „geben“. „Geben
ist seliger als nehmen“, ein moralisches Gebot unserer christlichen
Lehre, meint im Fall der Achse Jungfrau/Fische, dass es am glücklichsten,
am „seligsten“ macht, wenn man tatsächlich mit
den eigenen Gaben dienen kann und so in seiner Mitte ist.
Die Jungfrau Maria aus unserer christlichen Lehre verkörpert diese
Achse. Sie sagte: „Dein Wille geschehe“, unterwarf sich also
nur dem göttlichen Willen, nicht etwa dem ihres Mannes. So konnte
sie den göttlichen Geist, Christus, empfangen und gebären, in
die Welt hinein bringen, ihre Gabe geben.
Ich möchte an dieser Stelle Meister Eckehard zitieren:
Der Vater spricht das Wort in die Seele, und wenn
der Sohn geboren wird, wird jede Seele Maria.
Maria ist nicht gesegnet, weil sie Christus leiblich trug,
sondern weil sie ihn geistig gebar.
Und darin vermag jeder ihr gleich zu werden.
Ich kann mir vorstellen, dass sich Menschen mit der Mondknotenachse
Jungfrau/Fische sehr von diesen Worten angesprochen fühlen. Denn sie sehnen sich danach,
den Platz in der Welt zu finden, an dem sie genau mit ihren ureigenen Anlagen,
ihren Gaben, die im Horoskop beschrieben sind, dienen können. Und
es geht bei ihnen darum, nur ihr Kreuz, das Achsenkreuz des eigenen Horoskopkreises,
zu tragen und so ihre Daseinsaufgabe zu erfüllen, indem sie das real
werden lassen, was als Idee in ihnen ist. Das entspräche
dem Weg zur Mitte bei dieser Achse.
Das Thema „einer Aufgabe dienen“ manifestiert sich auf den
verschiedenen Häuserachsen auf unterschiedliche Art und Weise. Hier
einige Möglichkeiten:
In den Häusern 1 und 7
Stehen die Jungfrau/Fische-Mondknoten in den Häusern 1 und 7, ist
der Betreffende möglicherweise geneigt oder fühlt sich motiviert,
in Begegnungen mit anderen zu dienen und hier anfangs Erwartungen zu erfüllen,
um sich in Ordnung zu fühlen. Je nach Radixstellung der Planeten kann
man aber auch in die Rolle des „Opfers“ geraten. Aufgrund überzogener
Idealvorstellungen von sich oder dem Gegenüber wird der Mensch immer
wieder enttäuscht werden, bis er Vertrauen in die eigene Persönlichkeit
gewonnen hat und sich als solche in Begegnungen einbringt. In
den Häusern 2 und 8
Bei der Achse
der Häuser 2 und 8 geht es darum,
mit eigenen Werten zu dienen, seien es konkrete
oder, als mögliche 8.-Haus-Entsprechung, emotionale
Werte. Die Spirale verläuft eventuell über Fremdwertbestimmung
und die Abhängigkeit
davon oder das „Bedienen“ fremder Wertvorstellungen.
In den Häusern
3 und 9
In den Häusern 3 und 9 ist man motiviert, der Vermittlung von fremdem
Wissen oder einer bestimmten Weltanschauung zu dienen, bis man Vertrauen
in die eigenen Vorstellungen von der Welt gefasst hat. Je nach der übernommenen
Wertvorstellungen kann man auch hier zum „Opfer“ werden, wenn
man sich kritiklos vorgegeben Meinungen und Glaubensrichtungen anpasst,
zu hohe Ansprüche an die eigene Weisheit stellt, oder
sich in der Suche nach der Wahrheit verliert.
In den Häusern 4 und 10
Die Achse 4/10 macht den Betreffenden eventuell geneigt,
familiären
oder gesellschaftlichen Normen zu dienen, die er als Kriterien der „Ordnung“ verinnerlicht
hat. Der Weg zur Mitte bestünde hier allerdings darin, gerade mit
dem eigenen seelischen „So-Sein“ eine Aufgabe in der Gesellschaft
oder im Beruf zu erfüllen.
In den Häusern 5 und 11
In den Häusern 5 und 11 kann sich die Dynamik dieser Achse in einer
Rolle zeigen, die man übernommen hat und mit der man nun den Erwartungen
dient. Wer oder was soll ich für euch sein? Als Gefahr kann sich diese übernommene
Aufgabe oder Rolle, dieses Opfer dann als völlig Ego – Aufgabe
zeigen. Da diese Häuserachse als Thema speziell die Individualität
der Persönlichkeit hervorhebt, ist es hier besonders wichtig, die
Vielfalt der eigenen Anlageidee in ihrer Unterschiedlichkeit zu anderen
zu betonen, um mit der ganzen Fülle des eigenen Seins „dienen“ zu
können.
In den Häusern 6 und 12
Je nach Planetenstellungen im Radix ist man in den Häusern 6 und 12
motiviert, entweder den konkreten, realen Anforderungen des Alltags oder
aber einem idealistischen Glaubensprinzip zu dienen. Auch hier kann man
sich zum „Opfer“ des jeweiligen Lebensgebietes machen, indem
man sich entweder den Kriterien des Verkörperten oder aber denen des
Geistigen völlig unterwirft. Hier ist es wichtig, Vertrauen in die
eigene Daseinsberechtigung und in eine innere oder höhere Führung
aufzubauen und sich auch mit seinen etwaigen „Mängeln“ und
den eigenen Grenzen auszusöhnen.
Entnommen
aus
Eva Stangenberg:
Die Spirale der Mondknoten - Sechs Wege zur Mitte.
Astronova Verlag, Tübingen, 2004.
(leicht gekürzte und angepasste Fassung) Dieses Buch
können Sie bestellen unter
www.astronova.de
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